Die Systeme haben nicht allein den Nutzen, daß man ordentlich über Sachen denkt, nach einem gewissen Plan,
sondern, daß man überhaupt über Sachen denkt, der letztere Nutzen ist unstreitig größer als der erstere.
(Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher E 24, 1775)
Ludger Hoffmann (Hrsg.) (2000) Berlin/New York: de Gruyter 2., verbesserte Auflage (1. Auflage 1997) Wozu ein Reader?Am besten informiert man sich aus erster Hand. Dies Buch führt direkt zu klassischen Texten der Sprachwissenschaft. Was Humboldt, de Saussure, Bühler und andere geschrieben haben, wird auf lange Sicht zu ihrem Fundament gehören. Den Aufsätzen und Auszügen sind knapp orientierende Einleitungen mit Literatur für die Weiterarbeit, ferner Texte mit Überblickscharakter an die Seite gestellt. Viele Beiträge nehmen direkt oder indirekt, kritisch oder fortführend aufeinander Bezug und laden zur Teilnahme an Diskussionen ein. Der Anhang enthält u.a. eine Beschreibung der Papua-Sprache Yale (->Inhalt, dort auch Links mit Informationen zu den Autoren/Autorinnen). |
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>Einsatz
in Lehrveranstaltungen > Ergänzende Literaturhinweise |
Vorwort
A. Sprachtheorien
Einleitung
Wilhelm von Humboldt (1810/11), Einleitung in das gesamte Sprachstudium
Hermann
Paul (1880/19205), Prinzipien der Sprachgeschichte: Allgemeines
über
das Wesen der Sprachentwickelung
Ferdinand de
Saussure (1916), Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft:
*Gegenstand der Sprachwissenschaft *Die Natur des sprachlichen Zeichens *Syn-
tagmatische und assoziative Beziehungen
Karl Bühler (1934),
Sprachtheorie: *Das Organonmodell der Sprache *Sprechhand-
lung und Sprachwerk; Sprechakt und Sprachgebilde *Das Zeigfeld der Sprache
und
die Zeigwörter *Die Origo des Zeigfelds und ihre Markierung
Ludwig Wittgenstein (1958),
Philosophische Untersuchungen: *Kap.1, 2, 8-11, 17-18,
21, 23-25, 43, 65-67
Charles W. Morris (1938), Grundlagen der Zeichentheorie: Semiotik
Noam Chomsky (1980), Regeln und Repräsentationen: Sprache und unbewußte Kenntnis
Einleitung
Jochen Rehbein (1988), Ausgewählte Aspekte der Pragmatik
John L. Austin (1958), Performative und konstatierende Äußerung
John R. Searle (1969), Was ist ein Sprechakt?
H. Paul Grice (1975), Logik und Konversation
Konrad Ehlich (1986), Funktional-pragmatische Kommunikationsanalyse
C. Diskurs und Konversation
Einleitung
Konrad Ehlich (1984), Sprechhandlungsanalyse
Harvey Sacks (1971), Das Erzählen von Geschichten innerhalb von Unterhaltungen
Susanne
Günthner (1992), Sprache und Geschlecht: Ist Kommunikation zwischen
Männern und Frauen interkulturelle Kommunikation?
Transkriptbeispiele:
Ludger Hoffmann (1996),
Kommunikation in der Strafverhandlung
--> Hier der Ton dazu (=
MP3-Datei, 668 KB)
Angelika Redder (1994), Anruf in der Uni
D. Laute, Töne, Schriftzeichen
Einleitung
André
Martinet (1960), Grundzüge der Allgemeinen Sprachwissenschaft: *Die
zweifache Gliederung (double articulation) der Sprache *Die sprachlichen Grund-
einheiten *Die artikulatorische Phonetik *Die Transkriptionen *Die Stimmritze
(Glottis)
*Die Vokale *Die Konsonanten *Die Silbe.
Nikolaj
S. Trubetzkoy (1939), Grundzüge der Phonologie: *Phonologie und Phonetik
*Vorbemerkungen *Phonologische (distinktive Opposition) *Unterscheidung von
Phonemen
und Varianten
Elmar Ternes (1987), Einführung in die Phonologie: Merkmalphonologie
Bernd
Pompino-Marschall (1995), Einführung in die Phonetik: *Die suprasegmentale
Struktur lautsprachlicher Äußerungen *Das Deutsche *Akustik der gesprochenen
Sprache
Peter Eisenberg (1988), Die Grapheme des Deutschen und ihre Beziehung zu den Phonemen
Roman Jakobson (1959), Warum "Mama" und "Papa"?
William Labov (1968), Die Widerspiegelung sozialer Prozesse in sprachlichen Strukturen
E. Wortform, Wortstruktur, Wortart
Einleitung
Charles F. Hockett (1958), A Course in Modern Linguistics: *Morphemes *Morphonemics
Theo Vennemann/Joachim Jacobs (1982), Sprache und Grammatik: *Morphologie
Eugene A. Nida (1949), Morphology: Problems
Henning Bergenholtz/Joachim Mugdan (1985), Wortstrukturen
Edward Sapir (1931), Die Sprache: Form und Sprache
Wolfgang Motsch (1992), Wieviel Syntax brauchen Komposita?
Robert
H. Robins (1966), The development of the word class system of the European
grammatical tradition
Einleitung
Wolf
Thümmel (1993), Geschichte der Syntaxforschung. Westliche Entwicklungen:
*Syntaxis und Synthesis *Syntax und Artikulation *Minimaleinheiten, komplexe
Einheiten
und Beziehungen zwischen ihnen
Hermann Paul (1919), Deutsche Grammatik III: *Einleitung *Aufbau des einfachen Satzes
Otto Behaghel (1932), Deutsche Syntax IV: *Die Wortstellung *Allgemeines
Charles F. Hockett (1958), A Course in Modern Linguistics: *Immediate Constituents
Lucien
Tesnière (1959), Grundzüge der strukturalen Syntax: *Konnexion *Die
Struktur des
einfachen Satzes *Junktion *Translation
Noam Chomsky/Howard
Lasnik (1993), The Theory of Principles and Parameters: *Introduction
*Binding Theory
Simon C. Dik (1983), Funktionale Grammatik - eine Übersicht
Frantisek Danes (1970), Zur linguistischen Analyse der Textstruktur
Ludger Hoffmann (1992), Thema und Rhema
G. Bedeutung
Einleitung
John
Lyons (1991), Bedeutungstheorien: *Die Referenztheorie *Die Ideationstheorie
*Verhaltenstheorie der Bedeutung und behaviouristische Semantik *Strukturelle
Semantik
*Bedeutung und Gebrauch *Wahrheitsbedingungen-Theorien der Bedeutung
Jost Trier (1932), Sprachliche Felder
Manfred Bierwisch (1969), Strukturelle Semantik
Dieter Wunderlich (1974), Grundlagen der Linguistik: Zur Explikation von Sinnrelationen
Gottlob Frege (1906), Einleitung in die Logik
Ernst Tugendhat/Ursula Wolf (1983), Logisch-semantische Propädeutik: Wahrheit
Helmut Frosch (1996), Montague- und Kategorialgrammatik
Hilary Putnam (1991), Repräsentation und Realität: Sprachliche Arbeitsteilung
Christoph Schwarze (1982), Stereotyp und lexikalische Semantik
George
Lakoff/Mark Johnson (1980), Metaphors we live by: *Causation: Partly
Emergent and
Partly Metaphorical *Truth *The Myth of Objectivism in Western Philosophy and
Linguistics
Zeicheninventar der International
Phonetic Association (IPA)(1993)
Dazu
auch die Darstellung der Wikipedia
Artikulationsorgane, Artikulationsstellen, exemplarische Lautklassifikationen
Volker Heeschen (1985), Die Yale-Sprache, eine Papua-Sprache
Tilman Borsche (ed.)(1996) Klassiker der Sprachphilosophie.
Von Platon bis Noam Chomsky. München: Beck
[Überblicksdarstellungen]
Ludger Hoffmann (2004) Reflexionen über die Sprache: de Saussure, Bühler, Chomsky. In: Kulturwissenschaftliches Institut (Hg.)(2005) Jahrbuch 2004. Bielefeld: transcript, 79-111 preprint
Sybille
Krämer (2001) Sprache, Sprechakt, Kommunikation. Sprachtheoretische
Positionen des 20.
Jahrhunderts. Frankfurt: Suhrkamp (stw 1521)
Sybille Krämer/Ekkehard König (eds.)(2002) Gibt es eine Sprache hinter dem Sprechen? Frankfurt: Suhrkamp (stw 1592)
Jürgen Trabant (2006) Europäisches Sprachdenken. München: Beck [Überblick zu Sprachtheorien, der Humboldt zentral stellt]
Jürgen Trabant (2008) Was ist Sprache? München: Beck [von Humboldt
und historischem Bewusstsein, alteurop. Denken, geprägte Texte]
Judith Macheiner (1991), Das grammatische Varieté. Frankfurt:
Eichborn
Dossier: Die Evolution der Sprachen (2000) Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft Verlag
Bernard Comrie (ed.)(1990) The World's major languages. Oxford: University Press
Harald Haarmann (2006) Weltgeschichte der Sprachen. München: Beck [Überblick zur Geschichte der Sprachen und Sprachfamilien]
Charles N. Li/Sandra A. Thompson (1981/1989) Mandarin Chinese. Berkeley: University of California Press.
Literatur zur Einführung in die Sprachwissenschaft
10 Gründe, Sprachwissenschaften zu studieren
Am ehesten bietet sich die Lektüre und Diskussion in Seminaren oder Arbeitsgruppen an. Das Buch ist in mehrstündigen, mehrsemestrigen oder vertiefenden Veranstaltungen, in Tutorien, Lektürekursen oder für Hausarbeiten zu nutzen. Dann auch für Prüfungen.
Wie dies geschieht, bleibt den Interessen der Lernenden und der Fantasie der Lehrenden überlassen. Man muss nicht mit den Sprachtheorien aus Kapitel A oder mit Humboldt anfangen. Nach einem Einstieg in ein Problemfeld, einer Aufarbeitung eigener Spracherfahrungen oder einer ersten Gesprächsanalyse können Theorieblöcke eingeschoben werden. Man kann mit der Formseite (Laut, Wort, Satz) beginnen, mit dem strukturalistischen Zugang, der für viele Theorien grundlegend war (de Saussure, Martinet,Trubetzkoy, Hockett, Tesnière, Bierwisch), aber auch mit den funktionalen Angängen in B und C oder ganz anders. Auf jeden Fall sollten die Sprachdaten mit Aufgabencharakter (in C,E,H) bearbeitet werden.
In Einführungskursen -
ideal sind vier Stunden Umfang - können einige der grundlegenden Texte gemeinsam
erarbeitet werden. Es hat sich bewährt, dass alle den Text lesen und eine
studentische Kleingruppe ihn kurz vorstellt (etwa 10 Minuten). Gruppe und
Dozent(in) treffen sich zu einem Vorbereitungsgespräch, in dem Fragen zum
Text, seine zentralen Gedanken und die Form einer anregenden Präsentation
(Aufbau, Medien, Impulse) diskutiert werden.
Durchgängige Leitfragen sind: Was ist Sprache? Welches Verständnis von Sprache/Grammatik
zeigt der Text - im Kontrast zu anderen Texten? Was wissen wir über Sprache?
Aus welchen Quellen speist sich dies Wissen? Wo kann Sprache zum Problem werden?
Die Textpräsentation ist eingebaut in allgemeine
Überblicke (Dozent(in)) und gemeinsame Arbeit an Sprachdaten. Wichtig sind
Übungen an authentischem Material zur Phonem-, Morphem- und Satzanalyse und
zur Funktionalität sprachlicher Mittel (Typ: Was leistet hier die Partikel doch?
Welches Wissen nimmt die Äußerung x in Anspruch?). Von den Studierenden können
eigene Aufnahmen (Wegauskunft, Talkshow, Small Talk u.a.) angefertigt und unter
spezifischen Aspekten ausgewertet werden. Interessengeleitet sind Erweiterungen
möglich (z.B. auf der Grundlage des Textes von Heeschen zur Papua-Sprache Yale).
Ideal ist ein Tutorium zur Nacharbeit und Vertiefung.
Ein solcher Kurs bietet den unschätzbaren Vorteil, an eigenständiges Lesen
und Erarbeiten von Fachtexten wie an eine sachgerechte mündliche Präsentation
heranzuführen. Die Konfrontation von Texten kann argumentative Auseinandersetzung
und kritisches Urteil befördern.
Andere in der Praxis erprobte Formen sind ein
vertiefender Lektürekurs mit einer thematischen Gruppe
von Texten, etwa zur Sprachtheorie, zur Semantik, zur Pragmatik, zu Grammatikmodellen
oder eine Vorlesung zur Geschichte der neueren Sprachwissenschaft, die den
Reader als Textvorlage nimmt. Schließlich kann der Band natürlich
auch als Ergänzung
zu einem Einführungsbuch genutzt werden. Leider gibt
es wenig gute, empfehlen kann ich- auch als Begleitlektüre zum Reader:
G. Graefen/M. Liedke (2008) Germanistische
Sprachwissenschaft. Tübingen: Francke (UTB 8381)
Möglich ist schließlich auch ein Selbststudium - etwa im Rahmen einer Prüfungsvorbereitung, die weitere Literatur einbezieht. Dann kann ein sprachwissenschaftliches Wörterbuch nützlich sein wie das Lexikon der Sprachwissenschaft von Bußmann (3. Aufl. 2002, Kröner Verlag).