Charles
Francis Hockett
(*1916
in Columbus/Ohio, gest. 2000) |
|
Sprachwissenschaftler
und Anthropologe
1936 B.A. und M.A. in Alter Geschichte (Ohio
State). Promotion 1939 (Yale). Schüler von Eward Sapir. Im 2. Weltkrieg
war Hockett Offizier und stellte der Army Sprachlernmaterial bereit. War
ein Liberaler. Professor für Anthropologie und Linguistik an der Cornell
University.
Sein bekanntestes Buch ist A Course in Modern Linguistics (1955),
20 Jahre ein maßgebliches Lehrwerk in den USA. Er schrieb auch das
anthropologische Werk Man's Place in Nature (1973). Sprache war
für Hockett ein soziales Phänomen, er wies Chomskys biologische
Fundierung zurück. Das Buch The State of the Art (1968) ist eine
harsche Abrechnung mit der Chomsky-Linguistik, "worthless as horoscopes" nannte
er sie in einem Interview). Als Strukturalist ging er davon aus, dass Sprachen
aus sich heraus, mit genuinen Kategorien beschrieben werden müssen.
Und für ihn gilt: "Linguistics is a classificatory science." (1942,
A system of descriptive phonology, Language 18, 3-21).
Bekannt wurden auch seine Überlegungen zur grundsätzlichen Differenz
zwischen menschlicher Sprache und Tierkommunikation, vgl. C.F. Hockett (1960).
The origin of speech. In: Scientific American, 203, 88-96.
- Differenzkriterien zwischen menschlicher
Sprache - Tierkommunikation nach Hockett:
1. Sprache wird mittels akustischer Signale in Form von Schallwellen
vom Mund zum Gehör übertragen, der restliche Körper
bleibt frei für anderes.
2. Die Signale sind überall in der Nähe zu hören; die Schallwellen
gesprochener Sprache haben ausschließlich Signalfunktion.
3. Die akustischen Signale sind kurzlebig und flüchtig, die spätere
Auswertung ist - anders als im Fall von Fährten etc. - unmöglich,
es sei denn, sie werden schriftlich fixiert.
4. Jeder Sprecher einer Sprache kann eine verstandene sprachliche Mitteilung
reproduzieren (im Gegensatz etwa zu den Balzsignalen von Tieren).
5. Wer spricht, hört sich selbst zu und kann das Gesprochene bedenken
(Rückkopplung).
6. Die gesprochene Sprache ist auf Kommunikation spezialisiert.
7. Sprachlaute haben Bedeutung: es gibt stabile Bezüge zur Welt und
zu anderen Ausdrücken in der Äußerung.
- 8. Die Signalelemente sind nicht vom Wesen
der Realität abhängig, auf die sie sich beziehen (”Arbitrarität”).
- 9. Sprache nutzt aus ihren Möglichkeiten
ein begrenztes Repertoire von Lauten als diskreten, isolierbaren Elementen,
die sich deutlich voneinander unterscheiden, dabei können die einzelnen
Realisierungen in einer Sprache durchaus in einem Spektrum voneinander
abweichen.
10. Der Mensch kann sich beim Sprechen auf zeitlich oder räumlich entfernte
Dinge beziehen.
11. Dem Ausdruck und Verständnis von Bedeutung sind keine Grenzen gesetzt;
mit Hilfe bekannter Elemente lassen sich immer wieder neue Sätze bilden
und verstehen. Sprache ist ein offenes System, tierische Kommunikationssysteme
sind geschlossen.
12. Sprache wird von Generation zu Generation tradiert. Die Erwerbskapazität
ist genetisch als starker Antrieb bestimmt, die sprachlichen Konventionen
werden aber extragenetisch durch Lernen und Lehren weitergegeben.
13. Sprache ist doppelt kodiert, aus einem schmalen Repertoire bedeutungsloser
Laute ergibt sich ein enormer Vorrat bedeutungstragender Einheiten („Morpheme“). [s.
These 9]
Hockett lässt die Merkmale 6,7, 8 für Primaten gelten, was
sicher nur statthaft ist, wenn man Bedeutung und Arbitrarität sehr
einfach sieht. Hominoiden schreibt er die Merkmale 11 und 12 noch zu, 10,
11 und 13 sind spezifisch für den Menschen.
> Primatenkommunikation
> Zurück
zum Reader