Karl Bühler, Denk- und Sprachpsychologe
(1879-1963)

Einer der drei wichtigsten Sprachtheoretiker - neben de Saussure und Chomsky - des 20.
Jahrhunderts (Klassiker: "Sprachtheorie", 1934).

Bühler begann 1899 das Studium der Medizin an der Universität Freiburg. Dort promovierte er 1903 zum Dr.med. ("Duplizitätstheorie" des Sehens“). 1904 promovierte er im Fachbereich Psychologie. Seine Habilitation in Würzburg mit der Schrift Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie der Denkvorgänge schloss Bühler 1907 ab. Der Text gilt als grundlegend für die Würzburger Schule und löste eine heftige Kontroverse mit Wilhelm Wundt (Bühler-Wundt-Kontroverse) aus. Von 1913 bis 1918 arbeitet Bühler als außerordentlicher Professor in München. Er leistet von 1914 bis 1918 Kriegsdienst als Arzt während des Ersten Weltkriegs im militärpsychologischen Einsatz. In der Zeit heiratet er 1916 die Husserl-Schülerin Charlotte Malachowski. Er wird 1918 ordentlicher Professor für Philosophie und Pädagogik an der Technischen Universität Dresden.

Bühler wurde 1922 Professor an der Universität Wien für Psychologie und Leiter des Psychologischen Instituts. Am 23. März 1938 wurde Bühler kurz durch die Nationalsozialisten inhaftiert und emigrierte darauf 1940 über Oslo und London in die USA. Dort arbeitete er von 1940 bis 1945 als Professor in Minnesota und von 1945 bis 1955 als Professor der Psychiatrie an der Universität von Southern California, Los Angeles.
Karl Bühler wurde 1959 mit der Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ausgezeichnet. 1960 Vortrag Psychologie-Kongress in Bonn. Gestorben 1963.

Seine Rezeption in der deutschen Linguistkk begann eigentlich erst 1969 (Aufsätze von G. Ungeheuer und D. Wunderlich).

Bühler begründete fast simultan mit Wittgenstein eine handlungstheoretische Sprachauffassung, die Sprache als geformtes
"Werkzeug"sieht, nicht einfach nur als Instrument. Bekannt durch fast
alle Einführungsbücher - aber selten richtig verstanden - ist das
"Organonmodell, das nicht nur die "Ausdrucks-, Appell- und
Darstellungsfunktion" als grundlegend zeigt, sondern
auch eine interessante Variante des strukturalisti-
schen Zeichenmodells
darstellt, das Bühler
noch nicht überwinden konnte. Innovativ
Bühlers Analyse des "Zeigfelds" der
Sprache, ausgehend von der ich-
jetzt-hier-Origo.
Eine Weiter-
entwicklung der Felderlehre
Bühlers brachte K. Ehlich
im Rahmen der Funktio-
nalen Pragmatik.

 

Literatur:
K. Bühler (1929/1978) Die Krise der Psychologie, Frankfurt: Ullstein
K. Bühler (1933) Ausdruckstheorie. Jena: G. Fischer
K. Bühler (1933/1976) Die Axiomatik der Sprachwissenschaften. Frankfurt: Klostermann (2. Aufl.)
K. Bühler (1934/1965) Sprachtheorie, Stuttgart: G. Fischer
K. Bühler (2012) Schriften zur Sprachtheorie. Tübingen: Mohr Siebeck (A. Eschbach Hg.)
K. Bühler (2015) Sprache und Denken. Köln: H. von Halem Verlag (A. Eschbach Hg.)
K. Ehlich/K. Meng (ed.)(2004) Die Aktualität des Verdrängten. Heidelberg: Synchron [darin die Aufs. von Ehlich, Nothdurft, Pätzold, Redder zu Bühler]
K. Ehlich (Hg.): Sprache und sprachliches Handeln. Bd. 1-3. Berlin, New York: de GruyterA. Eschbach (ed.)(1984) Bühler-Studien. Bd.1-2. Frankfurt: Suhrkamp
C.F. Graumann/Th. Herrmann (ed.)(1984) Karl Bühlers Axiomatik der Sprachwissenschaften. Frankfurt: Klostermann
D. Wunderlich (1969) Karl Bühlers Grundprinzipien der Sprachtheorie. In: Muttersprache, LXXIX,, 52-62

Hier eine Seite mit kurzer Biographie und Nachlassmanuskripten.

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