Wortarten
unterscheiden: formal und funktional
Wortarten gliedern den Wortschatz nach Kriterien von Form und Funktion
der Wörter. Für Sprachen wie das Deutsche mit reicher
Flexion bietet sich an, die Morphologie als Kriterium der Unterscheidung
zentral zu stellen: Substantive werden dekliniert, Verben konjugiert,
Adjektive gesteigert. Im Chinesischen haben wir keine Flexion,
da brauchen wir andere Merkmale. Und wenn wir Sprachen vergleichen
- und nicht nur an den westeuropäischen andere messen wollen
- sind erst recht andere Kriterien notwendig. Im Formbereich
ist das die Syntax: Womit werden Wörter kombiniert? Wo erscheinen
sie in der Satzabfolge? Rein inhaltliche Bestimmungen, wie sie
die Tradition gemacht hat, sind schwierig und meist vage ("Substantive
sind Gegenstandswörter"). Besser sind funktionale Charakteristika.
Was ist der Zweck von Wörtern einer Wortklasse, was wird
mit ihnen getan, welche Prozeduren realisieren sie? So fragen
wir seit Karl Bühler.
In der Funktionalen Pragmatik, die sich u.a. auf ihn beruft,
werden sprachliche Mittel in Felder gegliedert, je nach ihrem
Zweck. Typen von Prozeduren können sich als universal erweisen,
ihre konkrete Ausformung weist aber offenbar auch einzelsprachliche
Besonderheiten auf.
Voll ausgeführte Wortartunterscheidungen sind spezifisch
für Einzelsprachen - bei beschränkten Kriterien, besonders
unter funktionalen Aspekten - lassen sich Sprachen vergleichen,
aber eben auch die Differenzen feststellen.
Felder
und Prozeduren
Eine Ordnung der elementaren Mittel unter funktionalem Aspekt
bietet das Konzept von Feldern
und Prozeduren. Ehlich (1991)
hat es im Anschluss an Bühler systematisch
entwickelt. Grundlage der Unterscheidungen sind die unterschiedlichen
Zwecke der Prozeduren beim Verständigungshandeln zwischen
Sprecher(in)(S) und Hörer(in)(H):
(a) S nennt/charakterisiert einen Gegenstand oder Sachverhalt auf der
Grundlage von Objektkenntnis oder geteiltem sprachlichen Wissen: nennende
(„symbolische“) Prozedur
(b) S orientiert H auf ein Element des gemeinsamen Verweisraums: zeigende
(„deiktische“) Prozedur
(c) S steuert H in der Form eines direkten Eingriffs in sein Handeln:
lenkende („expeditive“) Prozedur
(d) S verdeutlicht die Verarbeitung sprachlicher Handlungselemente: aufbauende
(„operative“) Prozedur
(e) S übermittelt H Einstellungen und Nuancierungen: malende („expressive“)
Prozedur.
Feld |
Prozedur |
Sprachliche Mittel (Deutsch) |
Symbolfeld |
symbolisch |
Substantiv-, Verb-, Adjektiv-, wenige
Adverbstämme; Präposition (Teilprozedur) |
Zeigfeld |
deiktisch |
sprecher-/hörer (gruppen)- bezogene
Ausdrücke: ich, du, wir, ihr;
best. lokale/temporale Adverbien: hier, da,dort, jetzt;
Tempora: Präsens, Präteritum |
Operationsfeld |
operativ |
Anapher (er, sie, es); Artikel (der,
ein); Relativum (der, welcher): Konjunktor (und,
denn, aber); Subjunktor (als, weil, nachdem);
Präposition (Teilprozedur) (in, vor, wegen);
einige Flexionsendungen (z.B. Infinitiv, Plural); Satzabfolge
(Serialisierung); Akzentuierung |
Lenkfeld |
expeditiv |
Interjektion (ah, oh, hm, na);
Imperativendung; Vokativendung; Tonhöhenverlauf in
Tonmustern (steigend, fallend etc.) |
Malfeld |
expressiv |
Exklamative Tonmodulation (hat
d i e Mut); Imitation |
Wortarten
Die folgende Klassifikation entspricht weitgehend
der multikriteriellen in G. Zifonun/L. Hoffmann/B. Strecker
u.a. (1997) Grammatik der deutschen Sprache, die dort im Kapitel
B1 in Übersicht dargestellt und in den weiteren Teilen
vertieft ist.
(1) Substantiv (Nomen)
Mit dem Substantiv stellen wir symbolisch einen Bezug zu Gegenständen
(Dinge, Personen, Abstraktes) her. Es benennt
* als Gattungsname (Appellativum) die Art (Mensch,
Blume, Tisch)
* als Stoff-/Substanzname den Stoff, ein Substanzquantum
(Stahl, Milch)
* als Eigenname ein bekanntes Individuum (Person,
Sache), dem diese Bezeichnung zugeordnet wurde (Indien, Paula,
die Alpen).
Jedes deutsche Substantiv hat ein Genus (Maskulinum, Femininum,
Neutrum), das vor allem im Verbund mit dem Artikel markiert ist (die
Frau, der Frau). Dieses Genus ist eine grammatische Klassenbildung
und - auch wenn es historische Beziehungen gibt (Indogermanisch)
- nicht mit dem natürlichen Geschlecht zu verwechseln (das
Mädchen, das Männlein). Man sieht das schön
im Vergleich der Sprachen, manche klassifizieren nach <essbar> oder <männlich+tierisch>,
andere haben gar kein Genus wie Türkisch und Finnisch. Das
Genus hilft, satzinterne Bezüge herzustellen, also die Fortführung
durch einee Anapher er, sie, es) zu vereindeutigen (Paula hörte einen
Tiger, den ganzen Nachmittag brüllte er , sie konnte ihn nicht
sehen).
Der Auslaut kann auf das Genus hinweisen: Substantive auf -e sind meist
feminin (Hose, Nase - aber: Hase), Substantive auf
Konsonant sind meist maskulin (Kopf, Fuß, aber: Hand), ebenso
die auf -el, en, -er (Ärmel, aber: Ampel,
Leder). Stärkere Indikatoren sind bestimmte Suffixe: -ei/-in/-heit/-keit/-schaft weisen
Femininum zu, -chen/-lein/-le/-nis Neutrum und -ig/ling/-eur/-ör/
Maskulinum. Bei Tussi, Hostess, Mutter schlägt der Sexus
durch. Da die Kasusformen nicht immer klar unterschieden sind, sollte
man (etwa in Deutsch als Fremdsprache) den Artikel mitlernen.
Das Deutsche hat vier Kasus: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ. Der
Vokativ (Anredekasus) unterscheidet sich in der Form nicht vom Nominativ. Überhaupt
sind viele Formen zusammengefallen, nur Genitiv Singular und Dativ Plural
sind noch einigermaßen deutlich markiert. Der Genitiv wird heute
nur noch selten vom Verb gefordert (seiner spotten -> über
ihn spotten, ihn verspotten), er ist vor allem in der Nominalphrase
(Abgrenzung vom Kopfnomen: Hannas Gedächtnis) zu finden.
Von den Objekt-/Komplementkasus bezieht sich der Akkusativ eher auf die
von Handlung oder Ereignis erfassten Dinge (den Koffer tragen),
der Dativ eher auf die involvierten Personen (seinem Vater den Rechner
verkaufen) - dies nur als grobe Tendenz.Der Kasus kann durch Verben
oder Präpositionen (auf der Schule, in der Schule, in die Schule) regiert
werden.
Gattungsnamen bedürfen eines Artikels, um sich auf etwas
beziehen zu können (das Haus). Gattungsnamen erlauben
die Pluralbildung, wenn von mehreren Exemplaren (die Löwen) oder
der Art (Löwen) die Rede ist. Die Rolle im Satz ist
durch den Kasus (Fall) markiert. Fast alles kann nominalisiert
werden (das Singen, das Ach und Weh, dein Nein). In Kombination
mit einem Hilfsverb kann ein Substantiv auch das Prädikat
eines Satzes ausdrücken (ist Bäcker). Substantive
können wie nominalisierte Verben oder Adjektive den Kopf
einer Nominalphrase bilden, mit der man sich auf Gegenstände
(Dinge, Personen) beziehen kann: [das >Buch< meiner
Freundin], [>Hanna<, die ich gestern getroffen habe], [drei
Liter >Milch<].
Nomen: Nomen ist der Kopf der Nominalphrase/Nominalgruppe
[der >Mann< aus Glückstadt], [die lieben >Kleinen<], [lautes >Singen<] Das
Nomen wird in manchen Arbeiten und in den Richtlinien bzw. der
Terminiliste der Kultusminister mit dem Substantiv gleichgesetzt.
(2) Adjektiv
Das Adjektiv bezeichnet symbolisch eine Eigenschaft. Nur was
mit einem Substantiv kombinierbar ist, ist ein Adjektiv. Es charakterisiert
das mit dem Nomen schon Gesagte näher durch spezifische
Eigenschaften (Hemd, buntes Hemd), die das Gemeinte hat
(kleine Haie) oder ihm zuzuweisen sind (angeblicher
Mörder). So kann es von anderen in Frage kommenden Gegenständen
abgegrenzt werden. Nach Adjektiven lässt sich mit wie schlecht
fragen (der Ausdruck "Wiewort" ist irreführend, man erfasst
so auch bestimmte Adverbialia: Wie hat er das erledigt? Mit
Sorgfalt). Besser geht es mit: Was für ein X (X=Hemd)
ist das? Ein kariertes. Man zielt damit auf die Eigenschaft,
die dem im Nomen genannten Gegenstand zukommt ("Eigenschaftswort").
In der Nominalphrase ist das Adjektiv in seiner Form (Genus,
Numerus, Kasus) auf die Form des Kopf-Nomens abgestimmt: kleine
Fluchten, das große Fressen, mein alter Luftballon. Dabei
werden unterschiedliche Flexionsparadigmen genutzt, je nach Determinativ: der/dieser/jeder
klein-e Hanswurst - ein/mein/kein/manch/ø köstlich-er
Wein.
Adjektive können für weitere Zwecke genutzt werden:
sie können selbst Kopf einer Nominalgruppe sein (die
Schlauen). Sie können aber auch unflektiert in Verbindung
mit einem Kopulaverb das Prädikat eines Satzes ausdrücken
(ist trickreich) oder als Adverbial genutzt werden (schnell
fahren).
Viele Adjektive sind steigerungsfähig (aus Bedeutungsgründen
sind Formen wie *ledig-er, *schwanger-er, *fertig-er, *am zweifach-sten aber
nicht akzeptabel). Das Partizip I (schlaf-end), eigentlich eine
Verbform, wird heute meist den Adjektiven zugeordnet.
Die Adkopula verbindet
sich mit einem Kopulaverb zu einem Prädikatsausdruck,
sie kann nicht mit einem Substantiv kombiniert werden (*die
pleite Forma)und
wird nicht flektiert. Somit ist sie nicht (wie sonst üblich)
den Adjektiven zuzurechnen, sondern eine eigene Wortart: pleite,
quitt, schuld (an X), wohnhaft (inX) ...sein.
(3) Determinative
/ Artikelwörter
Determinative sind operativ, sie dienen der Klärung des
Gegenstandsbezugs.
Sie stehen am Anfang der Nominalphrase und bestimmen die Flexionsform
attributiver Adjektive (der schön-e; ein schön-er).
Der bestimmte Artikel kennzeichnet,
dass das Gemeinte aus Sicht des Sprechers dem Hörer zugänglich
ist (das Haus am Wallraffplatz, die Amsel auf der Teppichstange,
der Verkäufer, der uns gestern so schlecht behandelt hat, (...ein
Computer)...die Tastatur [Computer haben Tastaturen, wie man weiß], die
Sonne, der Wal.) Im
Süden
Deutschlands, jetzt auch in nördlicheren
Regionen wird die Zugänglichkeit im Wissen auch bei Vornamen durch
den bestimmten Artikel markiert (die Paula).
Der unbestimmte Artikel drückt
aus, dass das Gemeinte für den Hörer neu, symbolisch erst zu
konstituieren ist (Ein Pferd raste die Straße herunter) und
begrifflich aus der Menge möglicher Gegenstände einer Klasse
herausgegriffen wird (Ein Pferd ist ein Turngerät mit Lederpolster
und zwei Griffen).
Beide Artikel können den Bezug auf Arten unterstützen:
auf die Art als solche (der Wal), die Art mit
ihren Mitgliedern (die Wale), ein exemplarisch vorgestelltes
Mitglied (ein Wal).
Die Artikel sind die prototypischen Determinative, die anderen
arbeiten anders.
Weitere Determinative sind:
* das possessive Determinativ: relationiert
zu Sprecher, Adressat, Gruppe, Ding: mein, dein, sein <Buch>, wird
im Deutschen als definit verstanden (nicht z.B. im Italienischen).
* das quantifizierende
Determinativ: quantifiziert über einen gegebenen
Bereich: jeder, kein, irgendein <Mensch>; alle,
einige, mehrere <Menschen>
* das W-Determinativ: bildet
Nominalphrasen für das Erfragen: welcher, was für
ein <Tag>, wieviele <Tage>.
* das deiktische
Determinativ: setzt das Zeigen zum Zweck der Determination
in Verbindung mit einem Symbolfeldausdruck ein: dieser,
jene, derjenige, der [betont], derselbe <Schrank>.
(3) Proterm bzw. traditionell "Pronomina" sind Sammelbezeichnungen,
aber nicht für eine einheitliche Wortart, sondern für
formal und funktional ganz verschiedene:
* Personaldeixis: zeigt
auf präsente Personen: ich, du, wir; ist nur beschränkt
(appositiv) zur Phrase erweiterbar: wir Spieler, du Grünschnabel...
* Anapher: führt
in Gespräch oder Text Eingeführtes/Präsentes fort: er,
sie, es; das Reflexivum leistet dies satzintern (sich). Anaphern
sind genussensitiv und erlauben nur begrenzten Phrasenausbau.
* Possessivum: Gegenstandsbestimmung
durch Relationierung (Sprecher, Adressat, Gruppe, Ding): meiner,
deiner, seiner; nicht zur Phrase erweiterbar.
* Objektdeixis: zeigt
auf Objekt in einem Verweisraum: der, dieser, er [betont].
Sie erlaubt nur begrenzten Phrasenausbau, es können aber
auch restriktive Attribute integriert werden
(der, von dem ich gehört habe,...).
* W-Objektdeixis/
Interrogativum: bildet einen eigenständigen
Frageausdruck: wer und was sind syntaktisch nicht
ausbaufähig, entsprechen einer kompletten Phrase.
(4) Verb
Das Verb bezeichnet eine Szene, ein Ereignis oder Ereigniselement,
eine Handlung, ein Beziehungsgeflecht, die einer Person oder
einem Ding zugeordnet sind. Etwas schläft, spielt, lacht,
vergeht, stürzt ab. Das zentrale Charakteristikum eines
Satzes fungiert als Prädikat. Eine Funktion also, keine
Form. Das minimale Prädikat kann mit einem Vollverb allein
realisiert werden (schläft, geht, sieht); oft besteht
es aus mehreren Teilen (Verbalkomplex), von denen einer flektiert
ist (ein Hilfsverb oder ein Modalverb).
Flektierter (finiter) Teil und nichtflektierte (infinite) Teile
bilden die Satzklammer (hat...gesagt (Partizip II); wird...sagen (Infinitiv), kann...segeln (Infinitiv),
hat...lieb (Adjektiv), geht...spazieren (Infinitiv)).
Der im Satz ausgedrückte Gedanke ist immer zeitlich, bezieht
sich auf ein Zeitintervall, das gegenwärtig, vergangen oder
künftig ist. Im Deutschen wird die Zeit mit Verbformen im
Zusammenspiel mit Adverbialia (morgen; vor drei Tagen) ausgedrückt.
Die einfachste Zeitform ist das Präteritum (kam, sag-te), es
zeigt auf einen zurückliegenden (erzählten, wiedergegebenen)
Zeitabschnitt. Das (süddeutsch bevorzugte) Perfekt (ist
angekommen, hat gesagt) betrachtet die Vergangenheit von
der Sprechzeit aus. Das Präsens bezieht Aktuelles, Geschehenes
oder Künftiges auf die Sprechzeit und holt es in eine zeitliche
Nähe.
Formen des Konjunktivs verlagern das Gesagte aus der Sprechersicht
in eine nicht-faktizitätsbezogene Welt des indirekt oder
durch Vermittlung Gewussten oder bloß Denkmöglichen.
Der Konjunktiv I ist von Präsenstämmen abgeleitet (er
geht - er gehe, er kommt - er komme), der Konjunktiv II
von Präteritumsstämmen (er ging - er ging, er kam
- er käme). Eine wichtige Verwendung ist die indirekte
Wiedergabe der Rede, eine andere der Ausdruck von Wünschen
bzw. Irrealem oder Kontrafaktischem (Regnete es doch! Wenn
ich reich wäre, ... ). (Die genaue Bedeutung der Konjunktivformen
ist weiter umstritten.)
Mit dem Passiv wird eine Umorganisation der Darstellung eines
Szenarios erreicht, die die Dynamik des Übergangs zu einem
Endzustand (wird + geöffnet = Vorgangspassiv) oder
das Resultat (ist geöffnet = Zustandspassiv) profiliert
und auch eine veränderte Gewichtung (Hans wurde von Paula
geschlagen) mit sich bringen kann. Handelnde können
sogar ganz ausgeblendet werden (Jemand wurde getötet).
Das Vollverb kann zur Verbgruppe ausgebaut werden mit Ergänzungen
(geben, etwas geben, jemandem etwas geben...). Ein Verb
eröffnet Leerstellen für Komplemente (Ergänzungen),
die in seiner Bedeutung schon angelegt sind (Wer isst, isst
immer etwas). Man spricht auch von "Valenz", dies ist ein
Grundbegriff der Dependenzgrammatik. Die Verbvalenz ist in speziellen
Wörterbüchern (z.B. H. Schumacher (Hg.) Verben in Feldern)
notiert, sollche Darstellungen sind auch für Deutsch als
Fremdsprache wichtig.
Vollverben (schlafen, lieben,
handeln, blühen, sich wundern) bilden die große
Kerngruppe der Verben; ihr symbolischer Gehalt bildet das inhaltliche
Zentrum der Prädikation.
Hilfsverben (haben, sein, werden) bilden
in Kombination mit unflektierten Vollverben Tempus- und Passivformen,
so entsteht der für das Deutsche typische Verbalkomplex: hat...gesagt,
wird...berichtet.
Modalverben (dürfen, können,
mögen/möchte, müssen, sollen, wollen, manchmal
werden auch werden (wofür viel spricht)
und nicht brauchen hinzugerechnet) bilden
in Verbindung mit einer Infinitivform ohne zu den Verbalkomplex: will...sagen,
kann...glauben. Sie markieren Elemente des Handlungsprozesses
wie intern/extern gesteuerte Zielbildung (möchten,
wollen, sollen (werden)) und die gegebenen Handlungsmöglichkeiten
(können, müssen, dürfen) (nach A. Redder),
sie können aber auch Wissensoperationen markieren (es
könnte/muss/soll geregnet haben)
Kopulaverben (sein,
werden, bleiben) bilden mit einem unflektierten Adjektiv,
einer Adkopula (quitt, schuld, fit) den Prädikatsausdruck (ist...groß,
sind...leid, war...gewillt).
(5) Adverb
Adverbien gehören zum Symbolfeld oder zum deiktischen Feld.
Mit ihnen kannein ganzes Szenario oder ein Prozess hinsichtlich
Zeit, Ort, Grund/Ursache bzw. Art und Weise, Handlungsmittel
spezifiziert werden. Adverbien sind nicht flektierbar, können
allein im Vorfeld stehen und als Antwort auf W-Fragen dienen.
Sie operieren auf Prädikatsausdrücken unterschiedlicher
Ausbaustufe, können aber auch auf dem ganzen Satz operieren: gern,
heute, damals, anders oft: Kinder [spielen gern]; [es regnet
heute]. Schließlich können sie
auch Adjektive oder Nomen als Bezugsbereich haben: der [oft
leichtsinnige] Klaus; das [Haus] dort. Einige Adverbien
sind deiktisch (Zeigwörter): hier, jetzt, dann. Sie
zeigen im Nah- oder im Fernbereich der Sprechsituation. Andere
sind aus Zeigwörtern und Präpositionen zusammengesetzt,
zeigen und relationieren symbolisch: dabei, daran, hierzu,
hiermit, sie werden auch "Präpositionaladverbien" genannt.
(6) Partikeln
Unter der Bezeichnung „Partikeln“ werden nicht flektierbare,
nicht zu Wortgruppen erweiterbare Wörter zusammengefasst:
* Intensitätspartikel: verbindet
sich intensivierend mit Adjektiv oder Adverb: sehr, recht,
ungemein, weitaus, einigermaßen.
* Gradpartikel (auch: "Fokuspartikel"):
die Gradpartikel stuft das Gesagte auf der Basis einer Erwartungsskala
ein: sogar, bereits, vor allem, nur. Das wichtigste
Element des Bezugsbereichs ist gewichtet und wird betont. Im
Beispiel Sogar Peter hat ein Spiel gewonnen ist
das Peter, es wird als ungewöhnlich gewertet, dass
gerade er unter denen war, die ein Spiel gewonnen haben.
* Negationspartikel: verneint
einen Sachverhalt (nicht). Funktioniert ähnlich wie
die Gradpartikel: Nicht Peter hat das Spiel gewonnen,
es war Erwin.
* Modalpartikel (auch "Modalwort"): schränkt
die Geltung des Gesagten ein oder wertet: sicherlich, vielleicht,
bedauerlicherweise, leider. Beispiel: Vielleicht regnet
es in Paderborn.
* Abtönungspartikel (auch: "Modalpartikel,
Einstellungspartikel"): trägt bei zur Einpassung des Gesagten
in Wissen und Erwartung der Gesprächsteilnehmer; in der
Regel mit Entsprechungen in anderen Wortarten: ja, denn, bloß [betont], wohl,
etwa. Beispiel: Hast du denn an das Buch für
Emma gedacht? Komm bloß! Du spinnst ja!
* Konnektivpartikel: relationiert
Sätze im Kontext und gliedert Satzfolgen: gleichwohl,
indessen, wenigstens, zwar, erstens.
(7) Junktoren
Junktoren sind operative Ausdrücke, die Ausdrücke
an andere anschließen:
* Konjunktor: verbindet
funktionsäquivalente Ausdrücke (Morpheme, Wörter,
Wortgruppen, Sätze): und, oder, denn, aber, sowie, sowohl...als
auch, beziehungsweise, doch, außer, sondern, das heißt. Vgl.: Sie
liebten und hassten die Legende von Paul und Paula.
* Subjunktor: leitet
Nebensätze (mit Verbendstellung) in Komplement-, Supplement-/
Adverbial- oder Attributfunktion ein: dass, weil, als, während,
wenn, obwohl, außer dass, indem, bevor, nachdem. Vgl.: Dass
es schneit, freut alle. Weil es schneit, freuen sich alle. Die
Tatsache, dass es schneit, freut alle.
* Adjunktor: macht
aus einer Phrase oder einem Satz ein Adjunkt mit eigener Funktionalität,
wobei insbesondere Gleichheit (wie) oder Andersartigkeit (als) markiert
werden. Vgl.: Er glaubt, er sei so gut wie Einstein
und besser als Max Planck.
(8) Präposition
Die Präposition (an, auf, bei, in, wegen, zu) wirkt
relationierend, sie setzt verschiedene Größen im Satz
ins Verhältnis: zum Beispiel einen Ort zu einem Ding (das
Buch auf dem Stuhl), ein Zeitintervall zu einem Ereignis (sie
geht am Abend schwimmen), einen Ort zu Personen (die
Zuschauer im Stadion). Dazu macht sie aus einer Phrase,
deren Kasus sie regiert, eine Präpositionalphrase [trotz
[des Regens]]. Meist werden sie - wie der Name sagt - vorangestellt,
es gibt aber auch Postpositionen (seiner Frau zuliebe).
Die meisten entstammen dem Symbolfeld, sind aus Substantiven
(kraft) oder Verben (entsprechend) abgeleitet.
Viele Verben fordern bestimmte Präpositionen (glauben
an, bestehen auf, sich wundern über). Für Deutschlerner
sind die vielen Präpositionen ein Problem und mit Kasus
und Bedeutung einzuprägen, besonders wenn die Muttersprache
eher kasusorientiert ist wie Finnisch, Baskisch oder Türkisch.
Nicht immer zu den Wortarten gezählt - weil nicht zum Satzaufbau
beitragend und formal (z.B. lautlich) besonders - werden die Interaktiven
Einheiten; sie heißen nicht so, weil nur
sie interaktiv verwendet werden, sondern weil ihre Funktion auf
einen eigenständigen Gesprächsbeitrag außerhalb
satzförmiger bzw. komplexerer Äußerungen festgelegt
ist
* Interjektion: selbständige
Gesprächseinheiten ohne propositionalen Gehalt (Sachverhaltswissen)
zur Diskurssteuerung insbesondere aus der Hörerposition,
zum Abgleich von Erwartungen und Empfindungen (îh)
sowie zur Kontaktaufnahme (he). Sie zeigen - im Deutschen
ungewöhnlich - distinktives Tonmuster (steigend, fallend,
gleichbleibend, fallend-steigend, steigend-fallend), reduplizierten
(hmhm), gelängten (oh:) und gekürzten
(na') Formen:
* Responsiv: Antwortausdrücke
nach Entscheidungsfragen, ohne eigenen propositionalen Gehalt,
aber auch mit spezifischer Intonation:
Grafische Übersicht
zu den Wortarten (pdf)
Konversion und para-Gebrauch
Ausdrücke einer Klasse können manchmal auch wie Ausdrücke
einer anderen gebraucht werden, in deren Funktion eintreten.
Sie können auch das funktionale Feld wechseln. Ihre ursprüngliche
Bedeutung verlieren sie dadurch nicht einfach, gewinnen aber
eine andere Funktionalität hinzu. Der Symbolfeldausdruck gleich z.B.,
ein Adjektiv, kann auch - nach Feldtransposition - als temporales
Adverb eingesetzt werden, das ausgehend von der Sprechzeit zeigt
und daher als para-deiktisch (die "para"-Terminologie
ist von Ehlich 1986 eingeführt) gelten; das eigentlich deiktische denn erscheint
heute als Konjunktor und als Abtönungspartikel.
Das
war nur ein grober Überblick zu den deutschen Wortarten.
Um wirklich ein Verständnis zu bekommen, sollten
Sie mehr dazu lesen und/oder Grammatikseminare besuchen. Denn
in der Grammatik hängt alles mit allem zusammen. Zum
Vertiefen:
Literaturhinweise >Bibliographie
K. Ehlich (1986), Funktional-pragmatische Kommunikationsanalyse, in:
D. Flader (Hg.)(1991), Verbale Interaktion, Stuttgart: Metzler, S.
127-143. Wieder in: L. Hoffmann (Hrsg.) (2000²)
Sprachwissenschaft. Berlin/New York: de Gruyter, 183-203
*L. Hoffmann (Hg.)(2007²)
Deutsche Wortarten. Berlin/New York: de Gruyter
*L. Hoffmann (2014²) Deutsche
Grammatik. Berlin: Erich Schmidt
C. Knobloch/B. Schaeder (Hg.)(2005) Wortarten und Grammatikalisierung.
Perspektiven in System und Erwerb. Berlin/New York: de Gruyter
R. H. Robins (1966) The development of the word
class system of the European grammatical tradition. In:
Foundations of Language 2, 3–19 [Reprint in: Schaeder,
B./Knobloch, C. (Hg.)(1992), 315–332 sowie in Hoffmann,
L. (Hg.)(2010/3) Sprachwissenschaft. Berlin/New York: de
Gruyter, 554-573
B. Schaeder/C. Knobloch (Hgg.)(1992) Deutsche Wortarten. Tübingen:
Niemeyer [wichtige ältere Texte]
L. Selmani (2020) Adjektiv.
Heidelberg: Winter
G.
Zifonun/L. Hoffmann/B. Strecker u.a. (1997) Grammatik
der deutschen Sprache.
Berlin/New York: de Gruyter [Kap. B1 als Basis der Klassifikation,
andere Kap. zur Vertiefung]
Zur Didaktik der
Wortarten:
L. Hoffmann (2004) Funktionaler Grammatikunterricht in der Grundschule.
In: Die Grundschule (10/2004)
http://www.die-grundschule.de/ (unter Specials).
L. Hoffmann (2006) Funktionaler Grammatikunterricht. In: T. Becker/C.
Peschel (eds.) Gesteuerter und ungesteuerter Grammatikunterricht, 20-45.
Hohengehren: Schneider oder hier.
L. Hoffmann (2007) Didaktik der Wortarten. In: Handbuch der deutschen
Wortarten. Berlin/New York 2007: de Gruyter, 925-953
Termini müssen auch im Unterricht an die Sprachanalyse
anschließen,
sie können nicht allein (operativ) im Unterricht entwickelt
werden. Im Ausdruck signalisieren sie zugleich ihre wissenschaftliche
Fundierung und können nicht eine eigene Tradition (z.B.
mit deutschsprachigen Bezeichnungen) entfalten.
Diskutieren lässt
sich allenfalls eine alltägliche Analysesprache als Hintergrund,
aber nur als sprechende Hilfe.
Terminus |
sprechende Hilfe |
Adjektiv |
Eigenschaftswort |
Anapher |
Fortführer |
Adverb |
Spezifizierer |
Artikel |
Wissensmanager |
Deixis |
Zeigwort |
Konjunktor |
Verbinder |
Subjunktor |
Unterordner |
Substantiv |
Gegenstandswort |
Verb |
Aussagewort |
|