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Wortgruppen: Phrase und Verbgruppe
Phrase
Satz
Satzfunktionen
Satzmodus/Äußerungsmodus
Verbgruppe, Verbalkomplex
Wortarten
Äußerungen bestehen aus Sätzen oder Wortgruppen. Es sind Wortgruppen oder Nebensätze, denen Satzfunktionen wie Subjekt, Adverbial, Objekt, Komplement etc. zugewiesen werden. Wortgruppen oder Sätze sind es auch, die kommunikative Funktionen haben. In
[Paulas Freundin] sucht [ein Buch über Rom]
ist [Paulas Freundin] Subjekt des Satzes, Satzgegenstand. Und [ein Buch über Rom] ist Akkusativobjekt (Akkusativkomplement).
Mit [Paulas Freundin] bezieht sich der Sprecher auf eine bestimmte Person, die der Hörer als die Freundin von Paula identifizieren soll. Zu dieser Person besteht ein Zugang, insofern der Hörer Paula kennt.
[Ein Buch über Rom] ist ein offenbar neuer Redegegenstand (unbestimmter Artikel ein). Der Hörer kann zwei Informationen über ihn aufnehmen. Es ist ein Buch (a), das handelt von Rom (b). Die Präpositionalgruppe schränkt also den Bezugsbereich von Buch ein auf alle Bücher, die Rom zum Gegenstand haben.
Wörter, die zusammengehören, weil sie eine
gemeinsame Funktion haben, bilden eine Wortgruppe, in der Linguistik Phrase genannt.
Sie sind als Ausbau eines Wortes, das den Kopf bildet, zu
analysieren. Zum Kopf können
spezifizierende Ausdrücke oder weitere Wortgruppen hinzutreten. Phasen
werden üblicherweise
durch eckige Klammern markiert:
Peter + kleine + der -> [der kleine Peter]
Im Deutschen kann eine Phrase komplett ins Vorfeld, in die Position vor
dem flektierten Verb, in den folgenden Beispielen durch | ...| markiert, verschoben
werden. Bei der Verschiebeprobe wird
festgestellt, ob eine Wortfolge gemeinsam verschoben werden kann, ohne dass
der Satz ungrammatisch
wird, es wird also die Zusammengehörigkeit überprüft. (Solche
Proben wurden im amerikanischen Strukturalismus und in Europa von Hans Glinz
eingesetzt.)
(1a) | Er | übergab
ihr [am alten Marktplatz] die Dokumente. (3a) | Er | gedachte [seines Vaters]. (4a) [Der [sehr zufriedene] Vater]... (5a) | Sie | nahm [hundert Gramm von
dieser Wurst]. |
Die Ersatzprobe schließt sich gut an; was austauschbar ist (im folgenden Beispiel mit das Lied), gehört zu derselben Funktionsklasse:
(6a) Sie sang ein Lied.
(6b) Das Lied / Es / Das / Was sie sang, war von Schubert.
Phrasen mit gemeinsamen Eigenschaften - mit dem gleichen Kopf und Funktionspotential
- werden als Phrasen eines
bestimmten Typs kategorisiert:
- Nominalphrase (NP) mit einem Nomen als Kopf [mein alter Freund],
- Adjektivphrase (ADJP) mit einem Adjektiv als Kopf [total gut],
- Präpositionalphrase mit einer Präposition (Präp) als Kopf [vor mir],
- Adverbphrase mit einem Adverb (Adv) als Kopf
[sehr oft] usw.
Der Kopf bildet das strukturelle und
funktionale Zentrum der Wortgruppe. Er kann durch andere Elemente der
Gruppe modifiziert oder spezifiziert sein.
Der Kopf kann variable Formmerkmale anderer Elemente der Wortgruppe
bestimmen. Formmerkmale des Kopfes werden allenfalls von außerhalb
der Phrase gesteuert.
Phrasen können selbst Phrasen enthalten: [das Haus [im Süden]].
Im Deutschen stehen die Elemente einer Phrase meist zusammen (Adjazenz),
eine Trennung von Teilen ist insbesondere bei komplexen Phrasen möglich.
Wenn Phrasen allein das Vorfeld besetzen und gegen äquivalente
Wortgruppen ausgetauscht werden können, ist dies ein Problem bei
den Wortgruppen, die das Verb erweitern.
Für manche Grammatiker ist die Verbalphrase (VP)
(z.B. sich über
diese Theorie wunderte, Hanna besucht hat) eine Phrase wie andere.
Diese Wortgruppen zeigen aber Besonderheiten. Sie können z.B. nicht
ganz ins Vorfeld
verschoben werden:
(7a) Er | will sie besucht haben.
(7b) Besucht haben | will er sie.
Daher sprechen wir von "Verbalkomplexen", wenn sie nur aus Verbteilen bestehen (will gesagt haben), bzw. von "Verbgruppen", wenn sie aus Verb + nichtverbalen Elementen (Bücher lesen, jemandem vertrauen, allen alles zutrauen, eifrig arbeiten...).
Es sind Phrasen, denen eine Satzfunktion wie Subjekt, Objekt, Prädikat
bzw. Komplement/Ergänzung oder Supplement/Angabe zugewiesen
wird. Traditionell spricht man (etwas irreführend) auch
von "Satzgliedern" und
vermischt formale (Glieder sind Teil von etwas, also dem Satz)
und funktionale (Ausdrücke haben im Satz eine Funktion)
Betrachtung.
Die Funktion des Subjekts hat die Phrase,
die den Gegenstand des Gesagten, den Satzgegenstand ausdrückt (Hanna
schläft).
Das kann auch ein Teilsatz ("Subjektsatz")
sein (Wer wagt, gewinnt). In vielen Sprachen steht sie im Nominativ.
Das, worauf sich mit dem Verb ausgedrückte Handlungen oder Ereignisse
beziehen, ist das Objekt, realisiert durch eine Phrase oder
einen "Objektsatz": Hanna sieht mich/was ich tue. Je nach
vom Verb geforderten Kasus spricht man vom Akkusativobjekt (jemanden
loben), vom Dativobjekt (jemandem
vertrauen),
vom Genitivobjekt (seines Vaters gedenken); beim Präpositionalobjekt verbindet
sich das Verb mit einer spezifischen Präposition (an den lieben
Gott glauben, in Dortmund wohnen).
Bestimmt man aber Satzelemente relativ zum Hauptverb, das sie erweitern, in dessen
Bedeutung sie mitgedacht sind, spricht man von "Komplementen"
(Ergänzungen). Beim Gebrauch des Verbs glauben ist immer etwas
mitgedacht, das man glaubt (seine Behauptung z.B.), jemand, dem man
glaubt
(meinem Freund z.B.) und einer, der glaubt (z.B. ich).
Ich glaube meinem Freund seine Behauptung
Subjektkomplement: ich
Akkusativkomplement: seine Behauptung
Dativkomplement: meinem Freund
Das Verb ist im Satz zentral, weil seine Wahl bestimmt,
was als Objekt in Frage komment, in welchem Kasus es stehen muss etc. Man
stellt sich in der Dependenzgrammatik/Valenzgrammatik den Satzaufbau so vor,
dass ein Verb mit den Komplementen/Ergänzungen erweitert wird, die es
erwarten lässt. Das Verb bringen z.B. versprachlicht typischerweise
eine
Szene,
in der eine Person einer anderen Person etwas bringt.
Neben den Komplementen, die nur mit bestimmten Typen von Verben jeweils kombiniert werden, gibt es Supplemente (Angaben), die mit den meisten Verben verträglich sind und relativ frei mit den meisten kombiniert werden können. Supplemente spezifizieren beispielsweise eine Handlung, geben Zeit, Ort oder Grund an. Und das kann man beinahe immer machen.
Das Verb bildet gemeinsam mit seinen Komplementen und
den Supplementen/Angaben
die Verbgruppe. Komplemente sind vom Verb bzw. der damit versprachlichten
Szene her geforderte Ergänzungen, deren Kasus oder Präposition
vom Verb gesteuert wird (Rektion). Werden sie nicht realisiert,
werden sie doch stets mitgedacht (essen -> etwas essen)
Supplemente sind nicht vom Verb gefordert und können mit ganz
verschiedenen Verben kombiniert werden. Meist sind es Adverbien (hier arbeiten), Adjektive (eifrig
arbeiten) oder
Präpositionalphrasen (in Dortmund arbeiten), sogar Nominalphrasen
im Akkusativ oder Genitiv (den ganzen Tag/des Abends arbeiten) können
es sein.
In de Tradition heißen Ausdrücke, die Zeit,
Ort, Art und Weise, Grund etc. von Ereignissen, Ereignismomenten oder Handlungen
angeben, "Adverbialia",
unabhängig davon, ob das Verb sie als Komplemente fordert (in Hamburg
wohnen) oder
ob sie frei kombinierbar sind als Supplemente (in Hamburg studieren). Sie
werden üblicherweise semantisch untergliedert, was in der grammatischen Systematik
auffällt. Auch "Adverbial/Adverbialia" ist eine syntaktische
Funktion, parallel zu Subjekt, Objekt etc.
Adverbialia
können
unterschiedliche Bezugsbereiche haben, sich auf die Verbgruppe (das Verb,
Verb und Komplement/Supplemente )oder den Satz beziehen.
Ob sich ein Adverbial x auf den ganzen Restsatz s bezieht, also Satzadverbial ist, kann man durch Einsetzen in eine "Es ist x der Fall, dass s"-Konstruktion testen:
Die verbalen Teile bilden im Deutschen oft einen Komplex.
Ein flektiertes Verb (tanz-t, läuf-t, hat, will) verbindet
sich mit einer oder mehreren nicht-flektierten Einheiten (gesagt, machen;
blau, leid): ist schuld, macht blau, will sagen, hat tun müssen, will
gesagt haben.
Der Verbalkomplex umfasst die finiten (flektierten) und infiniten (unflektierten) Verbteile im Satz. |
Die Teile des Verbalkomplexes stehen im Aussagesatz getrennt (Satzklammer),
im Nebensatz am Ende.
(8) Sie hat jetzt die Arbeit abgegeben. Sie kann bald eingestellt werden.
(9) ..., als sie alles verspielt hat. ..., weil er das hat wissen können.
Im Nebensatz stehen die Elemente des Verbalkomplexes zusammen am Ende (in der zweiten Satzklammer), während die erste durch einen Subjunktor wie weil, dass, während... besetzt ist. Die Position vor der 1. Satzklammer, das Vorfeld, existiert im Nebensatz nicht.
In der Aufforderungsäußerung wie im Entscheidungsfragesatz
haben wir Erststellung des finiten Verbs. Ein Vorfeld gibt es hier nicht.
Man
kann nur außen, vor dem Vorfeld etwas anfügen, eine Anrede beispielsweise: Peter,
komm doch mal her.
Erststellung finden wir auch in uneingeleiteten (subjunktorlosen)
Nebensätzen
wie Wäre ich nicht hier, wäre ich dort.
Da Äußerungen mit Imperativform des Verbs (gib!
bring!) normalerweise keinen Ausdruck in Subjektfunktion enthalten und
damit keinen vollständigen Gedanken versprachlichen, handelt es sich nicht
um Sätze. Ein Satz entsteht erst, wenn ein Subjekt-Ausdruck eingefügt
wird, möglich wäre eine Hörerdeixis: komm du mal
her!
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Satz, kommunikative Minimaleinheit
Für den Satz sind Hunderte Definitionen
gegeben worden. Jede ist natürlich
abhängig von der Hintergrund-Theorie.
Ein Satz ist eine
Wortfolge, die ein finites (flektiertes) Verb enthält
und einen Gedanken dem kommunikativen Zweck der Äußerung entsprechend
zum Ausdruck bringt. Anders als Hauptsätze haben Nebensätze in
der Regel keine eigene Illokution. Infinitiv- oder Partizipgruppen sind keine
Sätze. Kommunikative Minimaleinheiten sind die kleinsten Formen, in denen sprachlich gehandelt werden kann. Sie können durch Sätze, aber auch durch Wortgruppen oder Wörter gebildet sein. |
Also sind (10) und (11) und (12a) Sätze und kommunikative Minimaleinheiten. Der fette Teil von (11) ist ein Satz, der Rest ist ein unvollständiger Satz. (12b) enthält Antworten auf (12a), es sind kommunikative Minimaleinheiten, aber keine Sätze.
(10) Regnet es?
(11) Dass sie geht, freut niemanden
(12a) Findet das Seminar statt?
(12b) Ja / es findet statt/ seit drei Stunden/ Vielleicht / ...
Satzmodus/Äußerungsmodus
Sätze, Minimaleinheiten haben einen Modus, markiert
durch Wortfolge, Intonation und bestimmte Wörter (z.B. Fragewörter).
Man unterscheidet insbesondere:
* Deklarativsätze/Aussagesätze (Paula singt.)
* W-Fragesätze (Wer singt da so laut?)
* Entscheidungsfragesätze (Singt Paula so laut?)
* Imperativgruppen (Sing ein Lied!)
* Exklamativsätze (Hat d i e Mut! Was die alles schafft!)
* Wunschsätze (Wäre es doch schon Abend!)
Druckversion
(pdf)
Literaturhinweis:
G. Zifonun/L. Hoffmann/B. Strecker u.a. (1997) Grammatik
der deutschen Sprache. Berlin/New York: de Gruyter (Kap. B1)
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