Ein Schibboleth ist ein Sprachmerkmal,
das den Sprecher als jemanden, der nicht zugehörig ist, verraten
soll: Es zeige an, dass jemand die Sprache nicht als Erstsprache spreche,
einen anderen Sprachhintergrund oder einen spezifischen Dialekt habe.
Dieser andere Hintergrund soll zu einem spezifischen Fehler -
etwa als Transfer - führen. Damit könne er regional oder sozial kategorisiert
und (so die ursprüngliche Bedeutung) von der Eigengruppe abgesondert
werden.
Wer ein s am Wortanfang immer stimmhaft oder p,
t, k im Auslaut stets stimmlos (Auslautverhärtung des Deutschen)
realisiert, outet sich möglicherweise als Erstsprachler des Deutschen.
Z. B. würde ein englisches Wort wie salad als
['zӕlǝt] statt als ['sӕlǝd] realisiert, vgl.
deutsches [zal'a:t]. Aber natürlich
ist ein solches Kennzeichen nicht mehr als ein Indiz, Türkisch
beispielsweise hat auch eine Auslautverhärtung, sie wird sogar
geschrieben. Im Deutschen könnte
man ein Wort wie Waschtischschränkchen (Pfälzisch,
Rheinisch) als Schibboleth nutzen.
Bei bei russischsprachigen Aussiedlern fehlt
oft der Glottisverschluss (Knacklaut), der vor anlautenden Vokalen
am Wort- oder Silbenanfang im Deutschen typisch ist, aber anders als
etwa im Arabischen keine bedeutungsunterscheidende Funktion (als Phomen)
besitzt. [Glottis ist die Stimmritze, der Laut verschließt
den Kehlkopf, der danach wieder geöffnet wird.] Vor türkischem
Hintergrund kann ein deutsches Schwa [ ǝ] wie in fangen als ɛ-
manchmal gelängt - realisiert werden, statt des ungeläufigen [ts] kann
[tz] gesprochen werden
Das Wort Schibboleth kommt aus dem Alt-Hebräischen ('Ähre'),
die zugehörige
Geschichte aus der Bibel steht rechts.
|
4VND Jephthah samlet alle Menner in Gilead / vnd streit wider
Ephraim / Vnd die menner in Gilead schlugen Ephraim / darumb das
sie sagten / Seid doch jr Gileaditer vnter Ephraim vnd Manasse /
als die Flüchtigen zu Ephraim1. 5Vnd die Gileaditer namen
ein die furt des Jordans fur Ephraim. Wenn nu sprachen die flüchtigen
Ephraim / Las mich hin übergehen / So sprachen die Menner von
Gilead zu jm /Bistu ein Ephraiter? Wenn er denn antwortet / Nein
/ 6So hiessen sie jn sprechen /Schiboleth / So sprach er / Siboleth
/ vnd kunds nicht recht reden / So griffen sie jn vnd schlugen jn
an der furt des Jordans / Das zu der zeit von Ephraim fielen zwey
vnd vierzig tausent.
(Richter 12 / Übersetzung Martin Luther)
|
|
Ein aktueller Fall: Pogrome in Südafrika.
Aus: Spiegel Online 31. Mai 2008
"Der 18-jährige Malibongwe berichtet
im Gespräch
mit SPIEGEL ONLINE von Neid, Brutalität und den Tricks, mit
denen die Jugendgangs ihre Opfer auswählten. " |
SPIEGEL ONLINE: Wie erkennt ihr die Fremden?
Malibongwe: Das ist nicht schwer. Die haben
andere Frisuren, sie sind anders angezogen, und wir fragen sie
einfach, was Ellenbogen auf Xosa heißt.
SPIEGEL ONLINE: Warum das?
Malibongwe: Weil in der Xosa-Sprache für das Wort Ellenbogen ein Gluckslaut
drin ist, den sie nicht sprechen können, und daran erkennt man sie."
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,556375,00.html [12.6.08]
[Für
den Hinweis auf das Interview danke ich Dr. Elvira Topalović]
Es geht um die Bantusprache Xhosa, die sich u.a. durch Schnalzlaute
("Clicks") auszeichnet, und von ca. 5 Millionen Menschen gesprochen
wird; die Sprache ist lateinisch verschriftet. |
|