Kleines ABC:  Migration & Mehrsprachigkeit

 

          ▶ Arabisch اللغة العربية al-luġa al-ʿarabiyya

 

 

Das klassische Arabisch geht auf die vorislamische Zeit zurück, in der eine dichterische Gemeinsprache (koiné) entstand. Der Gebrauch im Koran macht diese Sprache zu einer "heiligen" Sprache mündlicher, diskursiver Verkündigung von Allahs Wort in poetischer Schönheit. Die Sprache gilt als im Kern unveränderbar , wiewohl sie natürlich erweitert wurde. Die Differenz zwischen literarischem Arabisch und den Umgangssprachen, Varietäten, Dialektenbesteht, auch wenn die Massenmedien zur Einheitssprache tendieren.
Arabisch wird von weit über 200 Millionen Menschen gesprochen und gehört zu den sechs Amtssprachen der Uno. Die ältesten Schriftzeugnisse stammen aus d]em 5.-3. Jahrhundert v.Chr. Die meisten Arabisch-Sprecher leben in Ägypten. Als Medium des Koran hat sich Arabisch mit der islamischen Expansion ab dem 7. Jahrhundert im Orient und in Afrika, aber auch in Asien stark verbreitet. In 24 Staaten ist Arabisch Amtssprache. Die Varietäten des Arabischen unterscheiden sich besonders in der Aussprache, aber auch im umgangssprachlichen Wegfall von Flexionendungen und Vokalen. Mit der modernen Migration hat es sich auch in Westeuropa ausgebreitet, so sprechen über 2 Millionen Menschen in Frankreich eine Varietät des (nordafrikanischen) Arabischen.

Arabisch ist eine semitische Sprache, wie Hebräisch oder Amharisch.

Der Vokalismus umfasst drei Vokalphoneme /a, i, u/, die - abhängig von der konsonantischen Umgebung - lang oder kurz gesprochen werden können, und zwei Diphthonge (ai, au). Es gibt 28 Konsonantenphoneme, jeder Konsonant kann verdoppelt (gelängt, "Gemination") werden. Typisch sind Silben mit konsonantischem Einsatz und offenem Silbenausgang (Koda) des Typs Konsonant-Vokal (KV). Nach Langvokal kann der folgende Silbeneinsatz auch doppelkonsonantisch sein.

Auch der Konsonantismus zeigt Unterschiede zum Deutschen: Es gibt ein [b], nicht aber das stimmlose Gegenstück [p]. Es gibt ein [f], aber nicht das stimmhafte [v]. Zu den Konsonanten gehört auch der Glottisverschluss [ʔ].

Der Wortakzent ist nicht bedeutungsunterscheidend. Er liegt auf der letzten, bei langem Vokal auch auf der vorletzten, seltener auf der drittletzten Silbe. Der Rhythmus ist akzentzählend.

In der Regel bestehen die Wurzelmorpheme aus einem Gerüst von drei Konsonanten (nur wenige aus vier oder fünf). Aus der dreikonsonantischen Wurzel sind durch unterschiedliche Vokale verschiedene Wörter ableitbar; der Stamm kann durch Präfixe und Suffixe erweitert werden.

katab 'schreiben'

kataba 'er schrieb'

kaataba 'er schrieban jmd.

kitāb 'Buch'

kitaba 'Schrift'

katib 'Schreiber, Autor'

kutiba 'er wurde geschrieben'

istaktaba 'er hat schreiben lassen'

ma-ktab 'Schreibtisch'

ma-ktub 'Geschriebenes'

kutubī  'Buchverkäufer' etc. 

Das Substantiv kann eine Markierung der Definitheit, des Genus, des Kasus und des Numerus erhalten:
(def. Artikel ʔal-)-Substantivstamm-(feminines Suffix -ah/-at)-Kasussuffix (Nominativ -u- / Genitiv (possessiv) -i- / Akkusativ (direktes Objekt) -a-). Der Status indeterminatus (Unbestimmtes in der Äußerung) wird durch (Kasusendung+) -n oder zeichenlos markiert. Determiniert wird durch den Artikel -al, den Vokativ - und in der Negation.

Der definite Artikel (al-) ist unveränderlich und wird vorangestellt: al-qamaru 'der Mond'.
Vor Vorderzungenkonsonanten ("Sonnenbuchstaben") wird das l- in -al- an den folgenden Laut assimiliert (Proklise), z.B.: asch schamsu 'die Sonne' etc. Endet das Wort vor dem Artikel auf Vokal, wird nur das -l-  gesprochen (Enklise): fi-l-bayti 'im Haus'.

Es gibt zwei Genera, Maskulinum (unmarkiert) und Femininum (-ah / -at); feminin sind die meisten Ländernamen sowie Städtenamen, ferner Bezeichnungen weiblicher Personen.

Die Numeruskategorie zerfällt in Singular, Dual, Plural. Es gib regelmäßige Pluralformen (mask.: -ūna (Nom.) /-īna (Gen., Akk.); fem.: ātun (Nom.) /-ātin (Gen., Akk.) und unregelmäßige (kitab -kutub).

In einer possessiven Nominalkonstruktion (status constructus, iḍāfa) kommt zunächst das Nomen, das das Besessene ausdrückt und definit/indefinit markiert sein kann, es folgt der Besitzer im Genitiv, der definit sein kann:
ø-baitu l-radjul-i
'das Haus (Nom.) des-Mann-es (Gen.)'

Adjektive sind als eigene Wortart fraglich und entsprechen stark den Nomina; sie zeigen in attributiver Funktion Kongruenz in Genus, Kasus, Determination. Sie werden nachgestellt.

Im reich ausgebauten Verbalsystem werden Person, Modus, Aspekt durch Präfixe bzw. Suffixe markiert. Hier ist die Unterscheidung des Aspekts - Perfektiv-Imperfektiv - wichtig, woraus sich weitere Zeitformen ableiten lassen, z.B. aus dem Imperfektiv das Futur. Die zweite und dritte Person sind auch nach dem Genus unterschieden, ferner gibt es hier auch den Dual.

Das literarische Arabisch gilt als V-S-O (Verb-Subjekt-Objekt) - Sprache, während es in den Varietäten auch SVO gibt.

Wichtig ist der - für semitische Sprachen typische - Nominalsatz ohne explizites Kopulaverb: Zaydun mariḍun 'Zayd (ist) krank.' Nominalsätze finden sich aber auch in mit den semitischen Sprachen nicht verwandten Sprachen (z.B. im Türkischen).

Arabische Wörter im Deutschen behandelt Unger (2006).

Auch Persisch/Farsi und Dari werden mit arabischen Zeichen (+5 spezielle) geschrieben.

Literatur:
Osama Ismail Zidan Ahmad (2014) Die attributiven Konstriktionen im Deutschen und im Arabischen. Diss. TU Dortmund
Mary Catherine Bateson (2003 Arabic Language Handbook. Georgetown: University Press
George L. Campbell (1995) Concise Compendium of the World's Languages. London: Routledge
Bernard Comrie (1990) The World's Major Languages. Oxford: University Press
Sebastian Eissenhauer (1999) Relativsätze im Vergleich: Deutsch-Arabisch. Münster: Waxmann
Wolfdietrich Fischer (2002/3) Grammatik des Klassischen Arabischen. Wiesbaden: Harrassowitz
Robert Hetzron (1997) The Semitic languages, London: Taylor & Francis
Utz Maas (2011) Marokkanisches Arabisch. München: Lincom
Lirim Selmani (2018) Das Präpositionalobjekt im Sprachvergleich Deutsch-Albanisch. In: Hoffmann, Ludger/Naumovich, Olga/Selmani, Lirim (Hg.) Funktionale Grammatik und Sprachvergleich. Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 201-233
Jonathan Owens (2013) The Oxford Handbook of Arabic Linguistics. Oxford: University Press
Andreas Unger (2006) Arabische Wörter im Deutschen. Stuttgart: Reclam
Kees Versteegh (1997) The Arabic Language. Edinburgh: University Press
Hans Wehr (1985/5) Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch-Deutsch. Wiesbaden: Harrassowitz
Amir Zeldes/Ghazwan Kanbar (2014) Das Arabische und das Hebräische. In: Manfred Krifka et al. (Hg.)(2014) Das mehrsprachige Klassenzimmer. Über die Muttersprachen unserer Schüler. Heidelberg: Springer VS, 135-172

Didaktik / arabische Schrift:
Pascal Brière/Christian Lambin (2006/2001) Arabisch schreiben. Kopiervorlagen für die Grundschule. Donauwörth: Auer
Ikhlas Schumacher (2018) Einführung i die arabische Schrift. Hamburg: Buske

> Islam

> Al-Dschazīra / al-Ǧazīra und Al Arabija (Nachrichten aus der arab. Welt in engl. Sprache)

> Die Schriftsprache Aravrit von Liron Lavi Turkenich besteht aus Arabisch(oberer Teil eines Zeichens) und Hebräisch/Ivrit (unterer Teil).

 

 

 

 

 

 

Arabische Lehnwörter im Deutschen
(vgl. Unger 2006)

Algebra, Alkohol, Ambra, Azur, Benzin, Elixier, Estragon,  Gamasche. Gaze, Gazelle, Giraffe, Gitarre, Hama, Hasard, Haschisch, Henna, Intarsie, Joppe, Kaffee, Kaliber, Kandis, Karaffe, Kattun, Kork, Lack, Laute, Lila, Limonade, Magazin, Marzipan, Matratze, Matt, Mokka, Monsun, Mumie, Natron, Orange, Papagei,  Razzia, Rocha, Safari, Safran, Satin, Schach, Scheck, Sirup, Soda, Sofa, Sorbet, Spinat, Talisman, Tamburin, Tarif, Tasse, Zenit, Ziffer, Zucker...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Die arabischen Dialekte sind auch kartographisch diffizil. Die Hauptgruppen sind hier farblich zu unterscheiden, Untereinheiten durch Buchstaben, andere Varianten
durch Symbole. Eine senkrechte Schraffur bedeutet, dass nur ein Teil der Bevölkerung arabische Dialekte spricht. Somalia bleibt leer, weil dort Hocharabisch zwar
eine der offiziellen Sprachen ist, aber keine Muttersprache. Es gibt kein somalisches dialektales Arabisch. Wenn Somalier in einem arabischen Dialekt reden, dann
oft jemenitisch, weil es im Jemen viele Flüchtlinge aus Somalia gibt."

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/linguistische-forensik-der-spricht-doch-gar-nicht-wie-ein-syrer-14896182/die-arabischen-dialekte-sind-14907755.html

[5.3.2017]  Karte von Peter Behnstedt (pdf)