Sprachwissenschaft studieren...

Grund 6: Wer Sprache lehren will, muss alles über sie wissen.

 

Sprachlehre ist eine uralte Kunst, immer schon verbunden mit dem Nachdenken über die Sprache. Die Skulptur von Luca della Robbia (oben), früher am Dom von Florenz angebracht, heute im Dommuseum zu sehen, wurde 1437-1439 geschaffen.
Nur wer viel über Sprache und ihren Erwerb weiß, kann Sprache unterrichten. Nur wer den Unterrichtsgegenstand - die deutsche Sprache - sehr gut kennt, kann überhaupt ans Lehren denken. Beim Sprung ins kalte Wasser sind schon mache ertrunken.

Zu wissen, wie Sprachen effektiv gelernt werden können, ist sehr nützlich. Keineswegs können alle mit sechs Jahren die Muttersprache gut genug oder gar die Sprache, die ihnen die Schule abverlangt. In der Schule soll ja über Sprache geredet werden, das bedarf einer vernünftigen Grammatik, am besten einer, die funktional orientiert ist. Hier liegt viel im Argen, nicht zuletzt die PISA-Studie hat dies (trotz methodischer Unschärfen) vor Augen geführt. Wir brauchen die Schule wieder als Ort, an dem Deutschkenntnisse vermittelt werden, für deutsche Kinder wie für die vielen Kinder anderer Muttersprache. Deutsch als Zweitsprache muss gezielt im Blick auf die Herkunftssprache wie z.B. das Türkische (kein Genus, kein Artikel, kaum Präpositionen, Verbendstellung, keine Unterscheidung lange-kurze Vokale, lautgetreue Schreibung etc.) und die im Deutschen zu erwartenden Schwierigkeiten unterrichtet werden. Auch in der Schule sollte wieder zum Nachdenken über Sprache angeleitet werden, grammatische Begriffe - die dort heute kaum noch gelehrt werden - sind hilfreich. Ein Konzept für den Grammatikunterricht in der Grundschule findet sich hier (pdf-Datei).

Wir müssen Kinder anderer Muttersprache wenigstens so fördern wie Australien: Alle haben Anspruch auf (Englisch-) Unterricht in kleinen Gruppen (ca. 12 SS), bevor sie in Regelklassen kommen. Dort begleiten sie ausgebildete Sprachlehrer - von denen es viele gibt - weiter. Überhaupt haben viele LehrerInnen fremdsprachendidaktische Kompetenz. - Was dann aber noch fehlt: Förderung der Muttersprachen in der Primarstufe. Sie ist wichtig, damit die Kinder Begriffsbildung und Denkfähigkeiten entwickeln können.

Es folgen Fehlerbeispiele. Wer Deutsch unterrichten will, muss mit solchen Fällen klarkommen:

*Kommt doch mal zu mir hin

*Herr Maibaums Gedächtnis ließ zu wünschen übrig.

*Am Sonntag habe ich im Martinibad geschwommen.

*Sie wollte nicht mehr nach den USA fliegen. Vielmehr ist sie nach Frankreich nach ihrer Schwester gefahren.

Im "Spektrum der Wissenschaft Dossier: Grenzen des Wissens" lese ich:

"Prof. Dr. Eckart Voland ist Soziobiologe an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dort hält er den Lehrstuhl für die "Philosophie der Biowissenschaften". (52)

Hinweise zu den Fehlern finden sich hier.

Sprachdidaktik hat es aber keineswegs nur mit Fehlern zu tun. Interessanter ist das Positive: Arbeit an den sprachlichen Fähigkeiten, das Formulieren und Darstellen verbessern, auch schwierige Texte, Literatur, verstehen, kreative Schreib- oder Medienprojekte umsetzen, in die Welt der Schrift und der Texte einführen, Gespräche aufnehmen, verschriften und gemeinsam analysieren... Grammatik ist da übrigens sehr hilfreich.

Ach ja: Viele Studierende beklagen schulische Defizite im Grammatikunterricht, weil Grammatik im Unterricht kaum noch stattfindet. Vor allem wird oft nicht die Faszination vermittelt, die mit grammatischem Problemlösen verbunden sein kann. Und es wird selten gezeigt, wie Ausdrücke wirklich in der Kommunikation funktionieren.
Im Netz ist als Zugang zu einem funktionalen Grammatikunterricht dieser Text (pdf) zugänglich, als grammatischer Einstieg ist GRAMMIS zu empfehlen.

 

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