Globalisierung (englisch globalization, französisch mondialisation mit
etwas anderer Konzeptionierung, monde 'Welt' bezieht stärker
Menschen, menschliche Gesellschaften ein) ist
ein junger Ausdruck und geht auf den Globus ('Erde', 'Modell
von ihr') zurück
und kennzeichnet
die weltweite (globale) Öffnung
der Märkte - besonders der Kapitalmärkte, aber auch der Arbeitsmärkte-
für alle bei gleichzeitiger Deregulierung und Entstaatlichung der
Wirtschaft, Beschränkung des Staates auf innere Sicherheit und Bereitstellen
einer geeigneten Infrastruktur - wie es der spätens seit 1990 weltweit
dominanten neoliberalen Ideologie und den Hegemoniebestrebungen der USA
entspricht. Der Globalisierung entspricht eine Entwertung aller Sprachen
und Kulturen, die bloß regional oder lokal sind und der Weitergabe
schon beinahe fragwürdig ist.
Wikipedia stellt fest: "Den wirtschaftspolitischen Begriff der Globalisierung
prägte
Theodore Levitt (1925–2006), ein deutscher Emigrant und ehemaliger
Professor an der Harvard Business School 1983 mit dem Artikel „The
Globalization of Markets“ [...] in der Harvard Business Review."
[Globalisierung, 26.3.2009]
Man muss also fragen, was es ist, das da - von wem - globalisiert und
oktroyiert wird, was als Ziel der Entwicklung gedacht ist und welche
Konsequenzen dies weltweit, insbesondere für die armen Länder, hat.
Welche Implikationen es hat für den Kampf um Rohstoffe und natürliche
Ressourcen, aber auch für Kulturaustausch, einzelne Sprachen, Film,
Musik etc.
Ganz neu ist das nicht. Spätestens seit der Eroberung der Neuen
Welt haben wir globale Entwicklungen. Allerdings öfter mit wachsender
Armut und sozialer Benachteiligung, Eroberungskriegen und Völkermorden
verbunden. Eine Art der Globalisierung ist die imperialistische Kolonisation.
Sevilla, maurisch
Globalisierung kann andererseits dazu führen, dass
Länder und
Regionen wirtschaftlich und technologisch sowie im Wissen aufholen. Die
Europäer haben Erhebliches (z.B. die Null) von den Arabern übernehmen
können,
heute könnten es China und Indien sein.
Mit dem Erstarken des Neoliberalismus (Regierungen von Thatcher und Reagan
u.a.) kam der Typ des Vorsorgestaates, der Bildung und Chancengleichheit
- heute schon ein umstrittenes Konzept - unter Druck. Ins Zentrum traten
die Bedingungen des Standortes, seiner Infrastruktur, die Verfügbarkeit
hinreichend ausgebildeter, aber kostengünstiger Arbeitskräfte,
geringe Steuern, Freiheit von staatlichen Auflagen. Damit ging ein Wandel
des internationalen Wirtschaftssystems einher, in dem die Staaten erheblich
an Autonomie verloren und gegenüber weltweit operierenden Konzernen
(global players) wie gegenüber transnationalen Institutionen (Weltbank, Internationaler
Währungsfond, Welthandelsorganisation WTO/ GATT etc.)
in eine abhängige Rolle
gerieten. Das wirkte und wirkt sich aus auch auf Gesundheit, Kultur,
Medien, Kunst, Umwelt, Bearbeitung von Technikfolgen (Kernkraft), organisierte
Kriminalität.
Banken oder Konzerne, deren Sitz nicht im Inland ist, lassen sich nicht
kontrollieren. Letztlich bedroht sind die Demokratien: Worüber lässt
sich überhaupt
noch abstimmen? Kann der Staat noch zugunsten seiner Bürger eingreifen,
z.B. Beschäftigung organisieren oder vor Risiken schützen?
Der entscheidende globale Spieler sind derzeit die USA, Europa könnte
sich als Macht daneben organisieren, wenn es könnte. An der Situation ändert
es wenig. Für viele Länder ist eine Globalisierung unfair und
schädlich, die stark die Interessen der Industriestaaten stützt.
Solche Länder insistieren auf der Chance eines besser angepassten
Wirtschaftssystems.
Münster
Kritikern wird der Ausdruck Globalisierung wie ein Fetisch
entgegengeghalten, in Argumentationen erscheint sie (und damit das dahinter
stehende Wirtschaftskonzept) als unabänderlich, unrevidierbar.
International
wären
eine Reihe von Maßnahmen
möglich:
- die Tobin-Steuer, eine Umsatzsteuer zwischen 1 und 5% e auf grenzüberschreitende
Geldgeschäfte. Sie würde spekulative Kapitalflüsse stark reduzieren;
- eine Besteuerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltbelastung;
- globaler Kampf gegen Steuerflucht;
- eine Demokratisierung internationaler
Organisationen;
- transparente Regeln;
- eine Stärkung demokratischer Mitsprache, gerade auch der Entwicklungsländer;
-
internationalle
Rechtsnormen und allgemein akzeptierte Institutionen zur Durchsetzung.
Das wären Schritte globaler Gegensteuerung, die von kritischen
Organisationen wie attac gefordert
werden. Die Weltbank könnte dann eine
völlig andere
Rolle spielen (Stiglitz).
Die Globalisierung war folgenreich für die internationale Migration.
Im Süden wuchs die Arbeitslosigkeit und die Armut. Ein zu großes
Gefälle und der Niedergang traditionellen Wirtschaftens führte
zum Versuch der Einwanderung, seit langem von Mexiko in die USA, mittlerweile
von Afrika nach Europa. Dem wird mit Kontrolle und Kriminalisierung begegnet,
es kommt zu organisiertem Menschenhandel. In den Einwanderungsländern
bilden sich - nicht zuletzt unter medialem Einfluss - Fronten zwischen
Migranten, Asylsuchenden und Illegalen einerseits, einer prekären
Unterschicht andererseits. Globalisierungsverlierer werden zu Gegnern.
Welche Entwicklungen die weltweite sog. Finanz- und im Gefolge die Wirtschaftskrise
zur Folge haben wird, ist derzeit nicht absehbar. Die Beschränkung
auf Rettungsmaßnahmen, Bekentnisse zum alten System, Zustimmung
für politische Vertreter des Neoliberalismus stimmen eher pessimistisch,
aber es gibt auch positive Vorzeichen...
Literatur:
Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.) (2006/2)
Der Sound des Sachzwangs. Bonn/Berlin: edition Blätter
S. Mau (2007) Transnationale Vergesellschaftung. Die Entgrenzung sozialer
Lebenswelten. Frankfurt: Campus
L. Pries (2007) Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Sozialräume
jenseits von Nationalgesellschaften. Frankfurt: Suhrkamp
J. Stiglitz (2006) Die Chancen der Globalisierung. Berlin: Siedler
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