Der Fremdsprachenunterricht dient der gesteuerten
Vermittlung fremder Sprachen unter institutionellen Bedingungen mit
entsprechenden externen Zielen und Programmvorgaben, einer spezifischen
Didaktik und Methodik außerhalb authentischer Kommunikation mit Sprechern
dieser Sprachen. Institutionelle Anbieter sind Schulen, Hochschulen und
Weiterbildungseinrichtungen.
Kompetenzbereiche
sind Sprechen und Hörverstehen, Lesen und Schreiben.
Maßgeblich für Sprachtests ist der Gemeinsame
Europäische Referenzrahmen. Infos
gibt das Goethe Institut. Der
DAAD gibt einen Testüberblick.
Eine Übersicht aller Sprachenprüfungen ist hier zu
finden.
In der Europäischen Union lernen 13 % aller Schüler
der Sekundarstufe I Deutsch in der EU lernen Deutsch als Fremdsprache
in der Sek I, etwa 20 % in der Sekundarstufe II.
Methoden
Wenn im Folgenden Grundtypen, die selbst schon Methodenbündel
sind, vorgestellt werden, so ist doch zu bemerken, dass die Wirklichkeit
stark durch Methodenmix gekennzeichnet war und ist.
Die herkömmliche Grammatik-Übersetzungs-Methode reicht
bis zur Antike zurück, ihr Schwerpunkt liegt im 19. Jahrhundert.
Auch heute ist sie nicht tot. Sie lebt und zielt auf den Umgang mit
(klassischen: lateinischen, altgriechischen, althebräischen
hochkulturellen) Texten, Wortschatzkenntnis und das Beherrschen grammatischer
Formenparadigmen; sie vernachlässigt Sprechen und sprachliches
Handeln. Die linguistische Basis bilden die latein. Schulgrammatik
und die philologische Tradition. Die Übertragung auf lebende Sprachen
ist natürlich ein Problem.
1882 propagierte Vietor eine radikale Umkehr mit der Direkten
Methode, die auf die Erstsprache, allzu viel grammatische Systematik,
Übersetzen verzichtet und die Fremdsprache "direkt", verbunden mit Objekten
(so weit das möglich ist) vermitteln soll. Das Gesprochene, das Gespräch
tritt ins Zentrum und die Regularitäten sollen erschlossen und ins implizite
Wissen überführt werden.
Die Audiolinguale/ Audiovisuelle Methode knüpft vielfältig
daran an. Sie stellt das Können
über das Wissen. Die Methode wurde im Rahmen des amerikanischen
Strukturalismus und Behaviorismus (Fries 1945, Lado 1964) entwickelt
und u.a. in Frankreich multimedial (visuell, Sprachlabor) angereichert
(CREDIF). Ziel ist ein sprachpraktisches Können,
die Ausbildung von Fertigkeiten, konditionierten habits. Das Lernen
von Mustern erfolgt als Drill starr an Situationen gekoppelt (pattern
drill), die Muster werden nicht zur expliziten Gewinnung von Sprachwissen
reflektiert. Fehler sollen als bad habits abgebaut werden. Die Fremdsprache
wurde konsequent als Unterrichtssprache eingesetzt, die Lerner sollen ein
Bad darin nehmen (Submersion). Die Grammatikprogression ist strikt
geplant.
In den Übungen findet man die Vorgabe von Satzmustern, Imitationen,
das Nutzen von Induktion und Verstärkung, die Anlage auf Transfer hin,
Ersetzungsübungen
und "Satzschalttafeln". Gespräche und kommunikative Muster sollen
reproduziert werden. Der Lernstoff wird auch audiovisuell dargeboten (Foto,
Filme, Sprachaufnahmen) . Übersetzungen und Grammatikreflexion, zunächst auch
Lesen und Schreiben, sind ausgeschlossen
Material sind mündlich geprägte Äußerungen aus Alltagskonstellationen.
die an die Sprachwirklichkeit anschließen sollen.
Kommunikative Ansätze verdanken sich der Kommunikativen Wende
in den 70er Jahren und gehen vor allem auf den Fremdsprachendidaktiker Piepho
zurück.
Ziele sind der Ausgang von Lernerbedürfnissen, die Förderung von
Kreativität
und die Ausbildung kommunikativer Handlungs- und Verstehenskompetenz. (Das
Kompetenzkonzept wurde sprachpsychologisch unreflektiert von den Generativisten
entlehnt, dort ist ja Syntax eine Idealisierung des internen Wissens eines native
speaker.)
Methoden sind die Aktivierung der Lerner durch offenes Material und für sie
relevante Themen. Der Unterricht sieht Differenzierung und Individualisierung
vor. Die Fremdsprache ist in der Regel die Unterrichtssprache. Vielfältige Übungsangebote sind
vorgesehen, etwa auch die Wiedergabe und das Nachspielen von Gesprächen,
Rollenspiele, die Arbeit mit audiovisuellen
Medien, manchmal schon Transkripte. Alltägliche Kommunikationen und Gebrauchstexte
dominieren. Die Landeskunde, z.T. schon im Sinne von Interkulturalität,
wird einbezogen.
Immersion - Submersion
Dies sind Konzepte, die erfolgreich waren in Ländern mit zwei offziellen
Staatssprachen, z.B. in Kanada. In einer Schule mit Immersionsprogramm
werden Kinder, die eine der offiziellen Sprachen sprechen, in bestimmten
Fächern mit einer anderen Sprache (das kann auch eine Minderheitensprache
sein) von einer zweisprachigen Lehrperson unterrichtet. Mit der Zweisprachigkeit
des Lehrers besteht grundsätzlich die Möglichkeit Probleme unmittelbar
und in der Erstsprache zu behandeln. Die eigene Sprache behält ihr
Ansehen, die Kompetenz darin ist nicht berührt.
Hingegen werden in einem (meist nicht so benannten) Submersions-Programm Schüler
mit einer Minderheitensprache, die oft niedrigeren Status hat, in der
Mehrheitssprache unterrichtet, wobei der Lehrer in der Regel ihre Sprache
nicht versteht. Die eigene Erstsprache steht also unter Druck und ist
bedroht, sie kann nicht weiter entwickelt werden.
Die Schwierigkeiten der neueren Ansätze haben öfter
eine Rückkehr
zur traditionellen Grammatik bzw. zur Grammatik-Übersetzungs-Methode
bewirkt.
Faktisch ist der Fremdsprachenunterricht stark durch
die angebotenen Lehrwerke bestimmt und mischt meist die Methoden, die
wirklich radikal nur in einigen privaten Sprachschulen angewendet werden.
Dort finden sich auch eklektizistische und hoch problematische Neuentwicklungen
wie Suggestopädie und Neuro-Linguistisches Programmieren.
Weiterhin wenig entwickelt ist die Didaktik der "Landeskunde",
die bislang sehr selektiv erfolgt und von aktuellen Diskussionen um Kultur noch
weit entfernt.
Neuere methodische Tendenzen sind:
- der Ausbau interkultureller Ansätze: Besseres Selbstverstehen
soll durch Fremdverstehen gewährleistet werden, das Verstehen
der Fremdsprache gilt als Verstehen fremder Kultur (Wierlacher, Krusche);
- Reflexives Lernen: Einbezug der Lerndimension in den Lernprozess,
Vermittlung autonomer Lernerstrategien;
- Funktional-kommunikative Grammatikansätze, die handlungsorientiert
sprachliches Wissen bearbeiten und als Material authentische Gespräche
(als Transkript, audio-visuell geboten) einsetzen und sich mit interkulturellen
Konzepten verbinden.
Notorische Problemfelder für die Vermittlung des Deutschen
sind:
- das Genus des Substantivs
- der bestimmte Artikel
- die Präpositionen (Bedeutung, Rektion)
- der Adjunktor (Differenz als - wie)
- das Passiv
- die Modalverben
- Relativum und Relativsatztypen
- die Satzklammer und die zusammengesetzten Verbformen
- die Abtönungspartikeln
- die Flexion des Adjektivs
- die Pluralbildung und die Kasusflexion des Substantivs
- die Verbflexion (starke/ schwache Verben, Perfektbildung)
- die Länge bzw. Kürze von Vokalen und die Reduktionsvokale
- die Konsonantenkombinationen am Silbenrand
- die Orthographie (Groß/Klein-, Getrennt-/ Zusammenschreibung)
- institutionelle Handlungsformen
und Textarten
Einige dieser Bereiche werden in den Lehrwerken (Kriterien
zur Lehrmittelanalyse) unzulänglich
vermittelt, etwa die Partikeln oder das Passiv. Außerdem kommen
bestimmte Grammatikfelder dort praktisch nicht vor, besonders solche
aus der Grammatik des gesprochenen Deutsch (Interjektionen, Ellipsen).
Schließlich ist
- aber das gilt für jede Sprache - der Wortschatz in seiner spezifischen
Gliederung zu lernen.
Literatur
10 Gründe für Deutsch
Welche Fremdsprachen a) lernen die Deutschen in der Schule – b) welche
sollten dort gelernt werden?
zu a (Status): (2012 (n. Stickel/Weinheimer)
1. Englisch
2. Französisch (15,3%)
3. Latein (6.4%)
4. Spanisch (5,9%)
5. Russisch (1,1%)
Stickel, G./Weinheimer, J. (2012) Deutsch im Kontext anderer Sprachen
in Deutschland heute, In: Eichinger, L et al. (Hg. Sprache und Einstellungen.
Tübingen: Narr, 227-321
zu b: (Gewünschte Schulfremdsprachen, nach Nennungen) (Adler/Plewna/Silveira
2024)
1. Englisch [von 90% genannt]
2. Französisch
3. Spanisch [in der Schule hinter Latein, vor allem in westdt. Bundesländern]
4. Italienisch
5. Russisch [eher in ostdt. Ländern]
6. Chinesisch [Schule: hinter Latein]
7. Latein [11 % sind für Latein]
8. Türkisch
9. Polnisch [Nachbarschaftseffekt: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern]
10. Niederländisch
11. Arabisch
Adler, A./Plewna, A./Silveira, M.R. (2024) Welche Fremdsprache sollen
in der Schule unterischtet werden? In: Sprachreport 2, 2024, 16-21