▶ Deutsche Sprache
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Geschichtliches Deutsch ist eine westgermanische Sprache und Teil der indoeuropäischen Sprachenfamilie. Die Ausgliederung der germanischen Sprachen ging mit gravierenden Lautveränderungen seit ca. 1000 v.Chr. einher, die etwa bis zum 2. Jahrhundert v.Chr. abgeschlossen war. Darunter ist besonders wichtig die "Erste Lautverschiebung", auch "germanische Konsonantenverschiebung" / "Grimmsches Gesetz" genannt. Im Grunde handelt es sich um Veränderungen innerhalb des Lautsystems (genauer: des Phonemsystems). Sie lässt sich grob (Details z.B. in H. Penzl (1969) Geschichtliche deutsche Lautlehre. München: Hueber) wie folgt zusammenfassen:
Vgl.: lat. gelidus, ahd. kalt; lat. nepos, ahd. nevo; lat. tu, ahd. du; griech. leukos, ahd. lioht. Eine wichtige Veränderung zum Germanischen hin ist die Fixierung
des Wortakzents auf der ersten Silbe, zuvor war er noch frei gewesen.
So können in der Dichtung Stabreime eingesetzt werden. Zugleich
reduzieren sich die Flexionsendungen und die Zahl der Kasus. Die älteste Periode, das Althochdeutsche (750-1050 n.Chr.) war noch stark lateinisch beeinflusst. Es enstehen nun die schwachen, das Präteritum mit -t- bildenden Verben sowie die starke und die schwache Adjektivflexion. Überhaupt gibt es eine Tendenz des Übergangs vom synthetischen (eine Form repräsentiert viele Funktionen) zum analytischen (Aufteilung von Funktionen auf mehrere Formen) Sprachbau, wie man am Passiv (Vorgang versus Zustand mit werdan/wesan - nicht nach latein. Vorbild), Perfekt mit haben, Futur und dem Endungsabbau im nominalen Bereich sehen kann. Das "Subjektpronomen" wird (zunächst vor allem für die erste/zweite Person, die deiktischen (zeigenden) Charakter hat) - anders als im Lateinischen - obligatorisch. Aus dem Demonstrativum/der Deixis bilden sich der bestimme Artikel, den es im Indogermanischen nicht gab, bald darauf auch das Gegenstück, der unbestimmte Artikel aus dem Zahlwort. Der Artikel kann Kennzeichnungsfunktionen des Substantivs mit übernehmen, d.h. die Kasusmarkierung kann am Substantiv oder am Artikel erscheinen. Die zweite - "hochdeutsche" - Lautverschiebung war zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert wichtig für die Ausgrenzung des Althochdeutschen von den anderen germanischen Sprachen und der hochdeutschen Sprachformen (Mitte, Süden) von den niederdeutschen. Betroffen waren Konsonanten, darunter die stimmlosen Verschlusslaute [p,t,k], die stellungsabhängig zu Frikativen soder sog. Affrikaten werden, z.B. [p] nach Vokalen zu [f(f)] oder nach Konsonanten zur Affrikate [pf]. 1a. Nach Vokal werden die Plosive p, t, k zu ff, ss, hh, die dann im
Auslaut und vor Konsonanten vereinfacht werden.
Nur t verschiebt sich im gesamten Sprachgebiet, die Verschiebung zu
pf finden wir im Bairischen, Alemannischen, Fränkischen; die Verschiebung
von k zu kch/ch nur im Alemannischen und Bairischen. Somit kommen im
System mit den Affikaten (pf, ts) neue Laute hinzu. Das Englische repräsentiert
noch den alten germanischen Bestand, vgl. open - offen, apple - Apfel,
eat - essen, salt - Salz, make - machen, vgl. auch niederländ. pund mit
Pfund, trekken mit ziehen. Die unterschiedliche Ausbreitung
dieser Lautverschiebung führte zur Differenz Hochdeutsch-Niederdeutsch
(vgl.niederdt.: maken - hochdt.: machen). 2. Die stimmhaften Plosive b, d, g entwickelten sich bei regionalen Unterschieden zu p, t, k und bb, dd, gg zu pp, tt, kk ("Lenesverschiebung"). Später erfolgt erneut eine Abschwächung. Geminaten spielen im System keine Rolle mehr, nur noch in der Realisation. Die Ursachen sind umstritten: Sind Hoch- und Niederdeutsch jeweils eigene Entwicklungen (Vennemann)? Kam es zu polygenetischer Entstehung (Schützeichel)? War - so die klassische Sicht - der Süden die Ursprungsregion? Die mittelhochdeutsche Periode reicht von 1050 bis 1350 und wird abgelöst
vom Frühneuhochdeutschen (1350-1650).
Das Deutsche der Gegenwart wird auf etwa 500 000 Wörter geschätzt, wobei Zusammensetzungen schon mitgezählt sind. Der umfangreiche Fachwortschatz ist aber in den Zählungen nicht angemessen berücksichtigt. Der zentrale Wortschatz ist mit ungefähr 50 000-70 000 Wörtern anzusetzen. Über den verfügen auch die Sprecher(innen) aktiv und passiv (im Verstehen). Einige haben einen größeren Wortschatz, der auch mal an 250 000 Wörter heranreichen dürfte. Mit 6 Jahren beherrschen Kinder schon ca. 15000 Wörter, jährlich können gut 2000 hinzukommen. All diese Zahlen sind aber nur grobe Schätzungen, auch die großen Wörterbücher sind unvollständig. Und der Wortschatz ist ja auch ständig in Bewegung. Neues kommt, Altes geht. Auch Erwachsene lernen lebenslang Wörter. Gesprochen wird das Deutsche von ca. 100 Millionen Menschen (75 Millionen
in Deutschland, 7.5 Mill im Österreich, 4.3 Millionen in der Schweiz).
Hinzu kommen die, die Deutsch als Zweitsprache erworben haben, das sind
noch einmal gut 40 Millionen (z.B. in den Auswanderungsländern,
Belgien, Italien, Frankreich usw.). In Europa steht Deutsch bei den Erstsprachen (Muttersprachen) mit 90 Mill. an zweiter Stelle, nach dem Russischen (119 Mill. im europ. Teil Russlands). Es folgen Italienisch (61 Mill.) und Französisch (60 Mill.) vor Englisch (58 Millionen). Ukrainisch und Polnisch haben ca. 37 Millionen Erstsprachler, Spanisch (Kastilisch) 23 Mill. Die Dominanz des Englischen auch in Europa manifestiert sich nicht in den Frequenzen. Deutsch spielt in der EU eine untergeordnete Rolle - was Fragen an die politische Vertretung aufwirft, aber auch an die großen Vermittlerinstitutionen (DAAD, Goethe-Institut) aufwirft. >
Institutionen Deutsch als Fremdsprache
Besonderheiten der Grammatik des Deutschen 1. Die Vokale werden nach Länge und Kürze unterschieden (anders z.B. im Türkischen). Alle (17) Vokale sind stimmhaft und nicht-nasal. Alle hinten und nicht-niedrig artikulierten Vokale werden mit Lippenrundung gebildet. Zu den Besonderheiten gehören die gerundeten Vokale wie in Möwe und Süden. Im Auslaut deutscher Wörter ist der Vokal abgeschwächt und erscheint als Reduktionsvokal Schwa, geschrieben e wie in Katze;öfter fällt er ganz aus. 2. Alle Konsonanten sind (anders als im Bairischen, Italienischen, Finnischen) kurz. Hier ist bei Reibe- und Verschlusslauten (Frikative, Plosive) der Gegensatz stimmhaft versus stimmlos wichtig. Im Standarddeutschen werden p,t,k besonders vor einem Vokal meist behaucht, wir sprechen das Wort Tau wie [thau], kommt wie [khomt] und Papst wie [phapst] aus, nicht wie [papst]. Man sieht das auch in dem Oszillogramm, das ich zu den Aufnahmen erstellt habe:
Anders ist das z.B. im Englischen, im Italienischen oder im Türkischen, wo wir das Wort posta so sprechen, wie es geschrieben steht. Wenn wir da behauchen, geben wir uns leicht als Sprecher des Deutschen zu erkennen. Der Glottisverschluss (Knacklaut) - ein kurzfristiger Kehlkopfverschluss - wird im Deutschen oft an einem vokalischen Wortanfang realisiert. Eine bloße lautliche Variante, denn wir ziehen es vor, Silben mit Konsonanten beginnen zu lassen. Deutlich hören wir den Glottisverschluss (Knacklaut) [ʔ] in einem Wort wie Spiegel[ʔ]ei. Behauchung und Glottisverschluss machen keinen Bedeutungsunterschied (anders: Urdu bzw. Arabisch). Am Silbenende werden stimmhafte Verschluss- und Reibelaute stimmlos. Das ist die Auslautverhärtung, die wir aber nicht schreiben: We[k], Gra[p], Gra[t], doo[f] - anders als etwa das orthographisch einfachere Türkisch. 3. Töne sind nur bei Interjektionen wie hm, oh bedeutungsunterscheidend (in Tonsprachen wie Chinesisch oder Hausa sind sie dies durchgehend). 4. Die Schreibung beruht auf der Lautung, hat aber als zentralen Bezugspunkt das Wort. Der Wortstamm wird im Wesentlichen gleich geschrieben. So wird die Auslautverhärtung nicht in der Schrift notiert (Rad, Rades). Die Schreibung des Umlauts zeigt auch noch Stammkonstanz: a - ä. 5. Die Hauptwortarten (Substantiv, Verb, Adjektiv) werden gebeugt (flektiert) und so sind die Formen klar unterscheidbar. -> zu den deutschen Wortarten. 6. Das Substantiv hat ein Genus, die Zuordnung entspricht nur teilweise dem natürlichen Geschlecht (der/die Angestellte; das Mädchen). Das Genus markiert zusammengehörige Ausdrücke (Der Mann besaß ein Boot, er/es war sehr alt), daher auch die Nase, der Mund, das Auge usw. Türkisch, Finnisch, Ungarisch sind Sprachen ohne Genus. Fast alle romanischen Sprachen unterscheiden nur Maskulinum und Femininum, die skandinavischen haben |Maskulinum+Femininum| gegenüber |Neutrum|. 7. Die Wortbildungsmöglichkeiten sind reich, man kann z.B. Komposita wie Fahradsattelbefestigungshalter bilden. 8. Das Deutsche ist eine Artikelsprache, es hat Artikelwörter wie der, die, ein. Türkisch z.B. hat allenfalls ein Zahlwort (bir) entsprechend ein, es hat wie auch Russisch oder Ukrainisch andere Möglichkeiten, Bekanntheit von Personen oder Dingen auszudrücken. 9. Ausdrücke wie ich, er, sie, es müssen immer realisiert werden, sie sind nicht weglassbar wie im Italienischen, Lateinischen (amo 'ich liebe'), Türkischen (geliyorum 'ich komme'), Spanischen (como ‚ich esse‘), Portugiesischen (trabalho ‚ich arbeite‘), wo schon reicht, was im Verb ausgedrückt wird, es sei denn, man möchte besonders gewichten: (ben geliyorum 'ich komme') . 10. Das System der Zeigwörter ist zweistufig, nach Nah- und Fernbereich zu gliedern:
11. Die Zeitformen des Verbs sind - gemessen an Sprachen wie Latein - zusammengesetzt, eigentlich haben wir als eigene Form nur Präsens und Präteritum (lesen-las, schicken-schickte). Vom Süddeutschen ausgehend wird das Präteritum vom Perfekt verdrängt (las -> hat gelesen). 12. Aspekt ist im Formensystem des Verbs schwach vertreten. Anders Englisch (z.B. ing-Form), slawische Sprachen, Türkisch. Umgangssprachlich haben wir aber Ausdrücke wie sie ist am Lesen. 13. Das Deutsche hat im wesentlichen Präpositionen (vor dem Haus, wegen des Unfalls), kaum (nachgestellte) Postpositionen (der Ordnung halber). 14. Das Deutsche verfügt (wie die germanischen Sprachen Schwedisch, Norwegisch, Dänisch, Niederländisch und auch schon das Gotische und Altgriechische) über viele Abtönungspartikeln (bloß, ja, halt). 15. Das Deutsche ist eine "Klammersprache" (Weinrich). Typisch ist die Satzklammer im Aussage und im W-Fragesatz. Das Verb ist meist mehrteilig:
Im Nebensatz, ausgelöst durch einen Subjunktor wie dass, als, weil tritt der Verbalkomplex ans Ende:
Schließlich gibt es noch Verberstsätze (Imperativsatz, Entscheidungsfragesatz):
16. Vor dem zweiten Klammerteil liegt die Gewichtungsposition, was wichtig ist, tendiert zum Ende:
Ein zweiter Höhepunkt kann im Vorfeld liegen, vor allem bei Kontrast oder neuem Thema:
16. Die Wortstellung ist freier als im ziemlich variablen Latein oder im Englischen, das z.B. keine Unterbrechung von Verb und Ergänzung gestattet wie in:
oder im Chinesischen. In den Wortgruppen ist die Stellung strikter geregelt (Ich suche hier mein altes Lexikon, nicht.: Ich suche mein hier altes Lexikon). Fest sind die Positionen des flektierten Verbteils: Verberst-, Verbzweit- und Verbletztstellung, je nach Satztyp (Imperativsatz/Entscheidungsfragesatz; Aussage-/Ergänzungsfragesatz; Nebensatz):
17. In den Wortgruppen ist die Stellung strikter geregelt, was zusammengehört, steht fast immer beieinander:
18. Wie kompliziert deutsche Nominalgruppen aufgebaut sein können, zeigt folgendes Beispiel:
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