▶ Türkisch: Lernprobleme |
Im Deutschen ist jedes Substantiv durch sein Genus gekennzeichnet. Daran orientieren sich Adjektive und Artikel (den schönen Tag, die schöne Frau) und Anapher (Ein Mann und eine Frau: Er liebt sie). Türkisch hat weder Genus noch Anapher (statt Anaphern hat es Zeigwörter /Deixeis). Präposition Statt Präpositionen nutzt Türkisch Kasusendungen zur Relationierung, ferner hat es einige wenige Postpositionen (nachgestellte Relationierer), die einen Kasus regieren: arkadaş-ım-la 'mit meinem Freund' und entsprechende nominale Konstruktionen: ev-in ön-un-de 'des Hauses (Genitiv) an seiner (Poss.) Vorderseite (Lokativ)', 'vor dem Haus'. Im Deutschen haben wir eine Vielzahl von Präpositionen mit bestimmte Kasusforderungen (wegen des Wetters, mit dem Wind, gegen den HSV), einieg verlangen je nach Bedeutung unterschiedlichen Kasus ("Wechselpräpositionen"): in der Schule, in die Schule, an der Wand, an die Wand. Manche sind an bestimmte Verben gebunden: sich wundern über, vertrauen auf, glauben an, fahren nach und regieren Präpositionalobjekte (fuhr nach Köln, fuhr zu Paula). Hier gibt es eine erhebliche Lernaufgabe, übrigens zunehmend auch für Kinder mit Deutsch = Erstsprache. Bestimmter Artikel Der bestimmte Artikel fehlt im Türkischen (wie im Russischen) - im Deutschen drückt er aus, dass für den Sprecher klar ist, dass der Hörer zum Redegegenstand einen Zugang hat, ihn schon kennt, ihn im Rahmen des Gesagten identifizieren kann etc. Lit.: L. Hoffmann (1997) Determinativ. In: Handbuch der deutschen Wortarten. Berlin/New York 2007: de Gruyter, 293-357 Wortstellung Türkische Deutsch-Lerner haben hier keine spziellen Probleme, auch
wenn die türkische Wortfolge anders organisiert ist: Die deutsche Wortsellung ist gerade mit den drei Positionsmöglichkeiten des Verbs (Erststellung: Sag mal...), Zweitstellung (Sie sagte was), Endstellung im Nebensatz (dass sie was sagte) sehr auffällig.
• Türkisch hat - anders als Deutsch - ein reichhaltiges verbales
Aspektsystem. Beispielsweise gibt es eine Verlaufsform, die das Deutsche
nur umgangssprachlich besitzt: Sezer hanım ütü yap-makta 'Frau
Sezer ist am/beim Bügeln.' Die miş-Form kann eine Information
als bloß vom Hörensagen oder erschlossen kennzeichnen: gelmişsin es
wird gesagt/ ist anzunehmen, dass du gekommen bist'. C. Syntax: Thema vor Rhema, Verb am Ende • Das Thema (Bekanntes, Gegebenes, Präsentes) wird früh realisiert und hat öfter die Subjekt-Rolle. Danach kommt das Neue, Relevante, Gewichtige. • Der Satz endet zumeist mit dem Ausdruck der Prädikation
(i.d.R.Verb). Da die Objekte - als verbnähere Satzteile - dem Subjekt
folgen, ergibt sich als Grundfolge Subjekt - Objekt - Verb. Diese entspricht
in etwa der deutschen Nebensatzfolge. • Es gibt - wie in semitischen Sprachen (Arabisch, Hebräisch) - Nominalsätze (ohne ein Kopulaverb wie ist): Çocuk-lar çalışkan 'Die Kinder (sind) fleißig.' • Die Nebensätze werden als nominale, attributive
oder adverbiale Satzteile bzw. als Konverben realisiert; sie erscheinen
als Verbformen (Partizip, Gerundium etc.), ohne Konjunktoren oder Subjunktoren.
Nebensätze
werden in die Hauptsätze eingelagert; nur in wenigen Konstruktionen
(z.B. mit ki) folgen sie. • Hervorhebung geschieht durch Stellung vor dem Finitum (+ Intonation),
ferner durch Partikeln wie gelinçe (‘was X betrifft’)
oder Kontrastpartikeln und die Negationskopula değil, die
der Bezugskonstituente folgt (im Kontrastfall auch im linken Außenfeld); Hoffmann, L. (2016³) Deutsche Grammatik. Berlin: Erich Schmidt |