Roma (der Ausdruck Zigeuner wird
heute als rassistisch, als Ausdruck des Antiziganismus ('feindliche
Einstellung gegenüber Sniti und Roma'), verstanden)
bezeichnet eine Bevölkerungsgruppe, die mit 12 Millionen größe
europäische Minderheit.
Rom bedeutet
'Mensch, Mann', femin. Form Romnja; Romani ist ein
femin. Adjektiv, bezeichnet die Sprecher dieser Sprache).
In Deutschland
wird meist von Sinti
und Roma gesprochen. Hierzulande ansässig sind seit etwa
700
die Sinti (Sg.mask.: sinto, Pl. sinti; femin.
Form Sg. sintiza, Pl.
sintize)
bilden eine eigene Untergruppe (Westeuropa, Norditalien), die sich selbst
so bezeichnet und eigene Lebensformen entwickelt hat.
Die Roma und Sinti sind
in Migrationsbewegungen aus dem nordwestlichen Indien seit gut 500 Jahren
in mehreren Phasen eingewandert und heute in mehreren Ländern
Europas sesshaft, die Sinti in West-, die Roma in Osteuropa und auf dem
Balkan. Es hanelt sich um geschätzt
8-12 Millionen Menschen. In Europa wurden sie oft an den Rand
der Gesellschaft gedrängt
und diskriminiert, es gab und gibt viele Vorurteile über ihre Lebensweise
und ihre Bräuche.
Auch als praktisch alle sesshaft waren, wurden sie als "fahrendes
Volk" bezeichnet und mit Unzuverlässigkeit, Kriminalität
etc., andererseits folkloristisch ("lustig ist das Zigeunerleben")
assoziiert. Viele wurden Opfer des Völkermords der Nationalsozialisten.
Der Opferstatus wurde erst spät gesellschaftlich anerkannt, die
Vorurteile waren in der Nachkriegszei weiter stark und sind bis heute
geblieben.
Die größten Gruppen leben in Europa, besonders in Südosteuropa (Rumänien, Ungarn), Ostmitteleuropa, Südwesteuropa (Spanien) und Russland, einige auch außerhalb
Europas. Von den weltweit sieben bis zehn Millionen Roma leben 1,45 bis
4,3 Millionen in Osteuropa.
Sinti und Roma gehören heute zu den vier anerkannten nationalen
Minderheiten in Deutschland. Sie haben
durch den Bund und die Länder
einen besonderen Schutz und erhalten eine spezifische Förderung.
Wie jede Migration so hatten auch die Migrationen der Roma strukturelle Gründe. In jüngerer Zeit sind es gesellschaftliche Diskriminierung, Verfolgung und Armut. Ihre Lebensform zeichnet sich dadurch aus, dass das Wort der Älteren im Konfliktfall respektiert wird und spezifische Reinheitsvorschriften gelten.
Der staatlich anerkannte Zentralrat deutscher
Sinti und Roma hat seinen Sitz in Heidelberg. Vorsitzender ist
Romani Rose.
FAZ Interview: Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma über Armutszuwanderung und Rassismus
taz Interview mit Erich Schneeberger, Chef des bayerischen Landesverbands
der Sinti und Roma
Die Sprache der Roma, das Romani oder Romanes ist eine Sprache, die zu der indoiranischen Gruppe (wie Hindi, Urdu) gehört, die sich aus dem Sanskrit entwickelt hat. Die indoiranische Gruppe gehört zur indoeuropäischen Sprachenfamilie (vgl. Haarmann 2010). Die Sprache besteht aus 9 Dialektgruppen. Das Romani hat sich aber seit über 700 Jahren unabhängig entwickelt. Es ist in Deutschland eine Minderheitensprache der Roma und Sinti. Erforscht wird diese gesprochene Sprache in Manchester und Graz.
Der Wortschatz enthält noch einige Hundert Wörter, die in die indische Zeit zurückreichen, ansonsten finden sich viele Wörtter aus den Kontaktsprachen. In die Kontaktsprachen ist wenig eingegangen, vielleicht Bokh 'Hunger' > (keinen) Bock haben (auf).
Grammatisch handelt es sich um den Typ SVO (Subjekt vor Verb vor Objekt).
Die Sprache verfügt über einen bestimmten Artikel (deiktischen
Ursprungs), der auch vor Namen steht: o (mask.), e, i (femin.).
Romani hat zwei Genera (Maskulinum, Femininum), zwei Numeri (Singular,
Plural). Das Kasussystem ist zweistufig:
(1) Nominativ – Obliquus (belebt, Akkusativ) sowie Vokativ
(2) weitere, vom Obliquus (aus alten Postpositionen) abgeleitete Kasus (Dativ, Ablativ, Instrumentalis, Genitiv). (n. Boretzky)
Die Adjektive kongruieren -
im Obliquus allerdings nur in der obliquen Form.
Auch das System der Tempora erscheint zweistufig:
(1) Präsens und Prätertum
(2) abgeleitet: Imperfekt, Plusquamperfekt (z.T. existiert ein Futur). (n. Boretzky)
Romani verfügt noch nicht über einen Standardform oder Standardorthographie,
obwohl es in jüngster Zeit Bemühungen um Verschriftung gegeben
hat
Links:
Romaninet
Wikipedia "Roma"
Wikipedia "Sinti"
Romani-Projekt
Universität Manchester
Projekt der Univ. Graz
European Academic Network on Romani Studies
Schule
mehrsprachig - Sprachensteckbrief
Zentralrat und Dokumentationszentrum
Sinti-Allianz
Gipsy-Music
Literatur, linguistisch:
Boretzky, Norbert / Igla, Birgit (1994) Wörterbuch Romani-Deutsch-Englisch für den südosteuropäischen Raum: Mit einer Grammatik der Dialektvarianten. Wiesbaden: Harrassowitz
Briziç, Katharina (2007) Das geheime Leben
der Sprachen. Münster: Waxmann
Haarmann, Harald (2010) Die Indoeuropäer. München: Beck
Matras, Yaron (1994) Untersuchungen zu Grammatik und Diskurs des Romanes. Dialekt der Kelderaša
/ Lovara. Wiesbaden: Harrassowitz
Matras, Yaron / Bakker, Peter / Kyuchukov,
Hristo (eds) (1997) The typology and dialectology of Romani. Amsterdam:
Benjamins
*Matras, Yaron (2002) Romani: A linguistic introduction. Cambridge: Cambridge
University Press
Matras, Yaron (2010)
Romani in Britain: The Afterlife of a Language. Edinburgh-Edinburgh Press
*Matras, Yaron (2014) I met locky people. London: Penguin
Matras, Yaron/Winterberg, Hans/Zimmermann, Michael (Hrsg.)(2006) Sinti,
Roma, Gypsies. Berlin: Metropol
Rose, Romani (Hg.)(1995) Der nationalsozialistische Völkermord
an den Sinti und Roma. Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti
und Roma. Heidelberg
Weitere Literatur:
Bastian, Till (2001) Sinti und Roma im Dritten Reich. München: Beck
Bogdal, Klaus-Michael (2011) Europa erfindet die Zigeuner - Eine Geschichte von
Faszination und Verachtung. Berlin: Suhrkamp [stark literaturbezogen]
Roman: Merle Kröger (2012) Grenzfall. Hamburg: Argument