Unter Muttersprachlichem Unterricht versteht man einen Unterricht
in der Erstsprache für Kinder/ Jugendliche, für die die Unterrichts-
und Institutionensprache eine Zweitsprache ist. Ziel ist es, ihnen
eine Entwicklung der Erstsprache bis hin auf ein höheres Niveau
zu ermöglichen
und ihnen komplexere Textarten wie auch die Schrift zu vermitteln.
Damit soll vermieden werden, dass die Ausbildung der Erstsprache frühzeitig
abgebrochen und auf einem niedrigen Niveau eingefroren wird.
Seit den 80er Jahren wird Muttersprachlicher Unterricht nicht nur von
Wissenschaftlern, sondern auch von Migrantenorganisationen (BAGIV (1983)
Memorandum zum Muttersprachlichen Unterricht) gefordert. Hintergrund
ist die Auffassung von Mehrsprachigkeitsforschern (Skutnabb-Kangas,
Cummins u.a.), dass ein gutes Niveau in der Erstsprache für die
kognitive Entwicklung und für den Zweitspracherwerb von großer
Bedeutung ist. Eine Vernachlässigung
der Erstsprache könne zu einer "doppelten Halbsprachigkeit" beitragen,
die eine Störung in der Wissens- und Denkentwicklung wie auch
eine gesellschaftliche Desorientierung zur Folge haben könne.
Vielfach war und ist das schulische Angebot nicht ausreichend.
In NRW können die Schüler nach dem Besuch
des muttersprachlichen Unterrichts am Ende der Sekundarstufe I eine
mündliche
und schriftliche Prüfung absolvieren. Bewertet werden sprachliche
wie kulturelle Fähigkeiten. Gute Leistungen können mangelhafte
in einer Pflichtfremdsprache ausgleichen.
19 Sprachen werden angeboten, einige naturgemäß nur selten: Albanisch,
Arabisch, Bosnisch, Farsi, Griechisch, Italienisch, Koreanisch, Kroatisch,
Kurmanci, Makedonisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Slowenisch,
Serbisch, Spanisch, Tamil, Türkisch
und Vietnamesisch.
Seit 2003 wurde die Größe der Klassen angehoben: in der Primarstufe
auf 15 , in der Sekundarstufe I auf 18. Schulen, die den Unterricht in
der Muttersprache an Stelle einer Fremdsprache anbieten, bekommen dafür
Stellen.
Literaturhinweise:
BAGIV (Hg.)(1985/2) Muttersprachlicher Unterricht in der Bundesrepublik.
Hamburg: ebv Rissen
J. Cummins (1984) Zweisprachigkeit und Schulerfolg. Zum Zusammenwirken
von linguistischen, soziokulturellen und schulischen Faktoren auf das
zweisprachige Kind. In: Die Deutsche Schule 76/84, 187-198
J. Cummins
(1991) Conversational and academic language proficiency in bilingual
contexts. In: Hulstijn, J. H. & Matter, J. F. (eds.) Reading
in Two Languages. AILA-Review 8/91., 75-89
J. Cummins/M. Swain (1986)
Bilingualism in Education. Aspects of Theory, Research and Practice.
London: Longman
J. Rehbein (1988), Diskurs und Verstehen. Zur Rolle der
Muttersprache bei der Textverarbeitung in der Zweitsprache, in: E. Apeltauer
(ed.), Gesteuerter Zweitspracherwerb. München: Hueber, 113-171
T. Skutnabb-Kangas (1981) Bilingualism or not: The education of minorities.
Translated by Lars Malmberg and David Crane. Avon: Clevendon
Muttersprachlicher
Unterricht und Prüfungen
in NRW
Forderungen
der LAGA (Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Migrantenverbände
NRW)