▶ Flüchtlinge,
Asylbewerber, Vertriebene |
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Flüchtlinge sind
Menschen, die angesichts einer drohenden Gefahr (z.B. Erdbeben, Hungerkatastrope,
Flut) einen für sicher gehaltenden Ort zu erreichen suchen. Sie
sind oder waren auf der Flucht. Das Wort wird seit dem 17. Jahrhundert
gebraucht (DWDS/Pfeifer). Dieser Ort muss nicht im Ausland sein, es gibt
auch Binnenflucht. In der öffentlichen
Diskussion versteht man darunter auch und vor allem Menschen, die ihr Land
verlassen, weil sie dort (politisch, religiös etc.) verfolgt werden
oder eine Verfolgung fürchten müssen. Meist wird der Aufenthalt
an einem sicheren Ort für die Zeit geplant, in der die Gefahr besteht. Flüchtlinge suchen Asyl, griech. aásylos bedeutet
'unverletztlich', asylía 'Unverletzbarkeit',
'Sicherheit vor Misshandlung' (Benseler, Pape). Ursprünglich handelt
es sich um einen Schutzort (Gebäude, Platz etc.), der als Freistätte vor
Verfolgung schützte. Oft boten Kirchen Verfolgten Schutz vor dem
Zugriff der Staatsgewalt (Kirchenasyl). An
einer heiligen Stätte scheute man den Zugriff, da die gläubige
Bevölkerung davon aufgebracht sein konnte. Nach Artikel 16a Abs. 2 des Grundgesetzes ist ein sicherer Drittstaat einer, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet ist. Laut § 26a des Asylverfahrensgesetzes sind sichere Drittstaaten alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz. Als sicherer Herkunftsstaat gilt ein Land, in dem Menschen nicht politisch oder wegen anderer Gründe verfolgt, erniedrigend behandelt oder bestraft werden oder vor einem Krieg flüchten. Es sei denn, ein Flüchtling kann das Gegenteil beweisen, was oft nicht leicht ist. Armut ist kein Asylgrund. Wer aus einem sicheren Herkunftsstaat nach Deutschland kommt, kann innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung zurückgeschickt werden. Künftig sollen auch Kosovo, Albanien und Montenegro sichere Drittstaaten sein ... was sehr umstritten ist. Wer Armut leidet oder zu verhungern droht, hat noch keinen Asylgrund. Das Verfahren zur Anerkennung politisch Verfolgter liegt zunächst beim Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Bei Ablehnung kann der Flüchtling abgeschoben werden, es kann aber auch aus humanitären Erwägungen heraus eine "Duldung" gewährt werden. Das Aufenthaltsgesetz regelt die Ein- und Ausreise und den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland. Es ist Teil des Zuwanderungsgesetzes. Mit dem Zuwanderungsgesetz (bezeichnenderweise heißt es: "Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern") wurde das Ausländerrecht in Deutschland reformiert. Flüchtlingen wird manchmal unterstellt, sie wollten nicht arbeiten.
Tatsächlich dürfen sie das nur, wenn sie eine Arbeitserlaubnis
bekommen. Das gilt auch für eine Ausbildung, die viele gern machen
möchten. Die Aussichten auf eine Arbeit sind schlecht, weil zunächst
das Arbeitsamt nach "bevorrechtigten Arbeitnehmern" sucht.
Zu bevorzugen sind Deutsche, aber auch EU-Ausländer oder anerkannte
Flüchtlinge. Links Literaturhinweise: Literarische Texte zu Flucht und Flüchtlingen (Bald ist Weihnachten):
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Aus der "Germania" des Tacitus: "Geselligkeit und Gastfreundschaft
pflegt kein anderes Volk eifriger. Irgendeinem Menschen, wer es auch
sei, kein Obdach zu gewähren, gilt als Sünde. Nach
seinem Vermögen
bewirtet ein jeder. Sind die Vorräte zu Ende, so weist der bisherige
Wirt seinen Gast zu einer anderen gastlichen Stätte. Sie betreten
den nächsten Hof, auch ohne eingeladen zu sein. Doch macht das nichts
aus; mit gleicher Herzlichkeit nimmt man sie dort auf. Zwischen einem
Bekannten und einem Unbekannten macht hinsichtlich des Gastrechts keiner
einen Unterschied." [Den Hinweis auf die "Germania" verdanke ich dem empfehlenswerten Roman von Jenny Erpenbeck, (2015) GEHEN, GING, GEGANGEN. München: Knaus.]
Geschätzt 60 Millionen Menschen sind gegenwärtig weltweit auf der Flucht > Zum Thema Asyl, Flüchtlinge: Bild, gemalt von einem Flüchtlingskind "Wir dürfen nicht über die Anzahl (der Flüchtlinge) aus der Fassung geraten, sondern müssen sie vielmehr als Personen sehen, ihnen ins Gesicht schauen und versuchen, so gut wir können, auf ihre Situation zu reagieren - immer menschlich, gerecht und brüderlich. Wir müssen eine heute allgemeine Versuchung vermeiden: alles, was stört, auszuschließen." "Wir, die Menschen dieses Kontinents, haben keine Angst vor Fremden, denn die meisten von uns sind einst selber Fremde gewesen." (SZ) Papst Franziskus, Sohn einer Einwandererfamilie.
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