Kleines ABC:  Migration & Mehrsprachigkeit

 

Deutsch als Zweitsprache (DaZ) - Deutsch als Fremdsprache (DaF)


Deutsch ist die in Deutschland überwiegend gesprochene und geschriebene Sprache, die man braucht, um sich zurechtzufinden, ohne die man keinen Zugang zu Institutionen und Medien, zu demokratischen Einrichtungen hat. Dass Deutsch lernen muss, wer leben will, ist unstrittig. Merkwürdig eher, dass es öfter betont wird. Allerdings sind gute Lernangebote nötig - und zwar für alle, gerade in der Einwanderungsphase.

2006 hatten 17% aller SchülerInnen mit Migrationshintergrund keinen, 42% einen Hauptschul-, 31% einen Realschul- und nur 9% einen gymnasialen Abschluss (n. Chlosta/Ostermann 2008, in: Ahrenholz/Oomen-Welke, Deutsch als Zweitsprache, Baltmannsweiler, 280ff.).

Unter Deutsch als Zweitsprache versteht man die Aneignung des Deutschen ohne Unterricht, durch natürliche Kommunikation. Die zweite Sprache wird meist zeitlich versetzt erworben, sie sollte möglichst früh zugänglich sein. Eine Sprache (die dominante in der Umgebung) wird in der Regel die stärkere. Es ist allerdings sinnvoll und hilfreich, beide Sprachen möglichst weit zu entwickeln, das an der Erstsprache ausgebildete Wissen fördert den Erwerb weiterer Sprachen, eine Zweitsprache wiederum stützt den Erwerb einer dritten. Der spätere Erwerb kann an der Oberfläche die Erstsprache durchscheinen lassen, und zwar in der Artikulation, die am wenigsten kontrollierbar ist und für erwachsene Lerner ein großes Problem darstellt (wahrscheinlich auf Basis der neuronalen Feinsteuerung).
Ein eigenes Phänomen ist der gleichzeitige Erwerb von zwei Erstsprachen, etwa in einer zweisprachigen Familie. Probleme sind hier wenig zu erwarten, phasenweise sind Mischungen normal. Wichtig ist, dass jeder möglichst in seiner Muttersprache mit dem Kind spricht.
Zweitspracherwerb findet in der Regel dort statt, wo die Sprache auch gesprochen wird. Förderlich ist, an möglichst vielen unterschiedlichen Situationen teilzunehmen, möglichst viel selbst zu sprechen und nicht auf Fehler zu achten (wie das ein kleines Kind macht). Für den ungesteuerten Erwerb rechnet man mit etwa 5 Jahren, bis eine Sprache wirklich sehr gut beherrscht wird. Wobei gar nicht so klar ist, was das bedeutet. Etwa dies: an wichtigen Gesprächen auch in Institutionen verständig teilnehmen und seine Ziele in kulturell angemessener Weise (nicht unhöflich etc.) erreichen zu können; außerdem Texte mittlerer Schwierigkeit lesen und verstehen zu können.

Ältere tun sich mit der Aussprache meist schwer, vor der Pubertät bzw. vor dem siebten Lebensjahr gelingt es in der Regel, akzentfrei sprechen zu lernen. Den Wortschatz erweitert man lebenslang, wenn man sich entsprechenden Anforderungen aussetzt. Wirklich perfekt sind aber - auch von den Muttersprachlern - nur wenige. Was erlernt wird, ist eine Version der Sprache, die regional und sozial geprägt ist.

Weltweit ist Spracherwerb fast immer Erwerb von mehr als einer Sprache, Einsprachigkeit also die Ausnahme. Es gehört offenbar zu den menschlichen Fähigkeiten, mehrsprachig werden zu können. Mehrsprachigkeit bereichert um soziale Zugänge, lässt an unterschiedlichen Weltzugängen teilhaben und ist (anders als alte Vorurteile besagen) intelligenzfördernd.

> Didaktik Deutsch als Zweitsprache
> Literatur


Deutsch als Fremdsprache bezeichnet im Unterschied das Lernen einer fremden Sprache durch Unterricht, mit Anleitung. Das findet nicht selten in einem Land statt, in dem diese Sprache nicht gesprochen wird. Es muss nicht einmal so sein, dass diese Sprache überhaupt noch gesprochen wird (Latein, Altgriechisch). Solche Lernprozesse verlaufen oft langsam und zeitigen nicht selten unbefriedigende Ergebnisse. Sie zielen auf die Hochsprache und sind stark textorientiert. Zwar sollten die alten Methoden (Übersetzung, Muster-Drill) nicht mehr eingesetzt werden, aber die Wirklichkeit ist anders und noch immer fehlt es an überzeugenden, handlungsorientierten didaktischen Konzepten, an guten Lehrwerken mit authentischen Gesprächs- und Textbeispielen sowie an angemessenen, das Sprachwissen ernst nehmenden Grammatiken.

> Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen
> Literatur

Die Abgrenzung zwischen DaF und DaZ fällt nicht immer leicht, nicht selten finden wir die Kombination von gesteuertem Lernen in der Schule und ungesteuertem in der Freizeit.

Empfehlenswert:
K. Ehlich (Hg.)(2007) Transnationale Germanistik. München: Iudicium [wichtige Aufsätze von K. Ehlich  zu DAF, DAZ, Interkulturalität, transnat. Germanistik]
W. Grießhaber (2010) Spracherwerbsprozesse in Erst- und Zweitsprache. Duisburg: UVRR Universitätsverlag
L. Hoffmann/Y. Ekinci/K. Leimbrink/L. Selmani (2013) Migration Mehrsprachigkeit Bildung. Tübingen: Stauffenburg

Kriterien zur Lehrmittelanalyse (pdf)

Deutsch als Zweitsprache Bibliographie Univ. Bielefeld
Fachinformationssystem Bildung (Biblio-Datenbank)

Seiten von W. Grießhaber

DaZ-Portal Berlin FU
Sprachverband Deutsch
Bildungsserver
Learn-line
Treffpunkt DaZ

Bilinguale Unterrichtsangebote NRW
Hamburger SFB Mehrsprachigkeit
Türkei und Türkisch-Links (UB Essen)
Lehrer-Info-Net (bes. zum Türkischen)
KIKUS München (Sprachförderung DEUTSCH (+ Erstsprachen) im Vor- und Grundschulalter
)

Referenzrahmen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kreta / bei Heraklion

 

 

 

gesehen in Badenweiler